Thüringische Landeszeitung (Jena)
Virusinfektionen könnten Risiko für Alzheimer oder Parkinson erhöhen
Berlin. Wer mit Grippe das Bett hütet, macht sich wohl selten Gedanken über mehr als Kopf- und Gliederschmerzen. Doch die Infektion mit dem Influenzavirus oder bestimmten anderen Viren könnte das Risiko erhöhen, eine neurodegenerative Erkrankung wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose zu entwickeln.
Diesen Zusammenhang legt eine aktuelle Studie nahe, die jetzt im Fachjournal „Neuron“erschienen ist. Die Forschenden hatten Hunderttausende Daten aus zwei Biodatenbanken aus Finnland und dem Vereinigten Königreich analysiert und festgestellt: Menschen, die bestimmte Virusinfektionen durchgemacht hatten, wiesen bis zu 15 Jahre nach der Infektion ein erhöhtes Risiko für Krankheiten auf, die das Nervensystem betreffen.
Deutsche Experten, die nicht an der Studie beteiligt waren, halten die Arbeit für sehr relevant, weisen jedoch darauf hin, dass sich aus der Arbeit kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Infektion und der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen ableiten lasse.
Auch wenn die Ergebnisse der Studie interessant seien, erscheine es aktuell verfrüht, weitreichende Schlüsse aus dieser Arbeit zu ziehen, sagt Klemens Ruprecht von der
Klinik für Neurologie der Berliner Charité. Letztlich müssten die einzelnen beobachteten Assoziationen nun im Detail und in methodisch robusten Studien nachuntersucht werden. „Erst wenn sich dann für einzelne virale Erreger definitive ursächliche Zusammenhänge mit bestimmten neurodegenerativen Erkrankungen bestätigen lassen sollten, könnte man hieraus mögliche Konsequenzen, zum Beispiel in Form einer Impfung, ziehen“, sagt Ruprecht. Forscher vermuten schon seit Langem, dass bei der Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen bestimmte Viren eine Rolle spielen könnten.