Thüringische Landeszeitung (Jena)
Oligarchen-Kampf um Superyacht
Russischer Milliardär will sein 530-Millionen-Euro-Boot zurück
Russische Oligarchen versuchen mit allen Mitteln, wieder in den Besitz ihrer beschlagnahmten Superyachten zu kommen. Ein Rechtsstreit ist um eine Megayacht entbrannt, die dem russischen Milliardär Andrei Melnitschenko (50) zugerechnet wird. Das auf rund 530 Millionen Euro geschätzte Schiff mit dem Namen „Sailing Yacht A“liegt im Hafen von Triest. Beamte der italienischen Finanzpolizei setzten es im März nach Ausbruch des Ukraine-Krieges fest.
Es ist eine Yacht der Superlative: 143 Meter lang, 100 Meter hohe Masten, die sogar höher sind als der Big Ben in London. Acht Decks, eine frei schwebende Wendeltreppe, ein riesiges Schwimmbad auf dem Oberdeck, eine PanoramaLounge unterhalb der Wasserlinie und ein hybrides dieselelektrisches Antriebssystem sowie ein eigenes UBoot. Auf dieses Vergnügungsschiff möchte der Oligarch nicht verzichten.
Melnitschenko wohnt unter anderem in St. Moritz und ist der Gründer von Eurochem mit Sitz in Zug. Die Firma gehört zu den wichtigsten Düngemittelherstellern der
Welt. Sein Vermögen wird auf 27,5 Milliarden Dollar geschätzt. Die Konfiszierung der Megayacht wird jetzt angefochten. Die Yacht gehöre nicht Melnitschenko, sondern einer Gesellschaft, die nicht auf der Liste der von Brüssel gelisteten Unternehmen stehe, betonten die Anwälte, die die Freigabe des Schiffs und eine Entschädigung für den erlittenen Schaden anstreben. Die italienische Finanzpolizei, die für Wirtschaftsverbrechen zuständig ist, erwiderte, es gebe keine Zweifel, dass der Eigentümer der Yacht Melnitschenko sei. Der Fall wird jetzt von einem Gericht in Rom geprüft.
Alexander Byrichin, Kommunikationsbeauftragter des Oligarchen, mischte sich ein: „Die Yacht gehört jetzt nicht mehr Melnitschenko, sondern einer Stiftung, zu der er keine Beziehung hat“. Das Finanzministerium
in Rom antwortete prompt. „Als eingefrorener Vermögenswert kann das Schiff nicht den Besitzer wechseln. Wenn es vorher Melnitschenko gehörte, gehört es jetzt auch ihm.“
Das Schiff verursacht dem italienischen Staat allerdings horrende Kosten. Eine zwanzigköpfige Besatzung muss an Bord die Wartungsarbeiten übernehmen. Hinzu kommen die Ausgaben für die Bewachung. Circa 800.000 Euro pro Monat kostet den Staat der Erhalt des Mega-Schiffes, so die Behörden. „Das nennt man Verschwendung öffentlicher Gelder, eine Schande“, kritisierte der Bürgermeister von Triest, Roberto Dipiazza.
Italien hat noch zusätzliche Probleme mit den beschlagnahmten Luxusschiffen der Oligarchen. Die 22 Meter lange Yacht „Aldabra“des russischen Oligarchen Dmitri Mazepin, die von den italienischen Behörden zusammen mit der Luxusvilla „Rocky Ram“an der Costa Smeralda auf Sardinien eingefroren wurde, ist auf mysteriöse Weise verschwunden und wurde von den italienischen Behörden in Tunesien lokalisiert. Nach monatelangen, auf internationaler Ebene geführten Nachforschungen stellten die Ermittler
fest, dass die „Aldabra“Italien illegal verlassen hat. Der italienische Kapitän führte die Yacht über die Landesgrenzen hinaus nach Tunesien. Ihm und der Eigentumsgesellschaft der Yacht um den Magnaten Mazepin droht jetzt eine Geldstrafe von bis zu 500.000 Euro. Mazepin, Besitzer des weltgrößten Kaliherstellers Uralkali, hatte vor einigen Jahren vom italienischen Großunternehmer und Verleger Carlo De Benedetti die Villa „Rocky Ram“auf Sardinien erworben.
Italien beschlagnahmte im März Villen und Yachten im Wert von über 900 Millionen Euro von wohlhabenden Russen, die regelmäßig das Land besuchten, um dort Urlaub zu machen, und die an vielen Orten Immobilien gekauft hatten. Ein italienisches Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Freigabe der Luxusyacht des russischen Milliardärs Alexej Mordaschow, die nach Ausbruch des Ukraine-Konflikts von Italien beschlagnahmt worden war, abgelehnt. Mordaschows 65 Meter lange Yacht „Lady M“im Wert von 65 Millionen Euro wurde im März von der italienischen Polizei im norditalienischen Hafen von Imperia beschlagnahmt.