Thüringische Landeszeitung (Jena)
Linke und Grüne kritisieren Beförderungspraxis im Innenministerium scharf
Beurteilung eines Polizeibeamten mit Sonderurlaub lag offenbar ein Zeugnis von AfD-Chef Höcke zugrunde. Verfahren am Verwaltungsgericht Weimar
Wieder Krach in der rot-rotgrünen Minderheitskoalition – diesmal steht das Innenministerium im Fokus. Linke und Grüne kritisieren die Beförderungspraxis des von Minister Georg Maier (SPD) geführten Hauses.
Hintergrund: Ein hoher Mitarbeiter der Thüringer AfD-Fraktion ist eigentlich Polizeibeamter. Seit 2015 arbeitet er allerdings in der Landtagsfraktion und hat dafür Sonderurlaub vom Dienstherrn – dem Innenminister – erhalten. Der Dienstherr kann Sonderurlaub erteilen, heißt es im Thüringer Beamtengesetz in Paragraf 67.
Trotz Arbeit in der Fraktion wollte der Mitarbeiter an einer Beförderungsrunde teilnehmen und eine höhere Besoldungsstufe erreichen. Weil allerdings zwei Kolleginnen vor ihm den Zuschlag erhalten haben, klagte er vor dem Verwaltungsgericht – und blockierte lange die Beförderungen. Darüber hatte diese Zeitung bereits im Oktober 2022 exklusiv berichtet.
Jetzt kommt raus: In die für die Beförderung notwendigen Beurteilung des Polizisten ist offenbar auch ein Arbeitszeugnis der AfD-Fraktion eingegangen – unterzeichnet hat das der AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende Björn Höcke. Das berichtet der MDR. Die Thüringer
AfD wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als erwiesen extremistisch eingeordnet.
Innenpolitiker der Koalition kritisieren den Vorgang scharf. „Dass jemand jahrelang treues Mitglied der AfD-Fraktion unter der Führung von Höcke ist, dürfte schon Grund genug sein, seine Verfassungstreue anzuzweifeln, statt ihn zu einer Beförderungsrunde einzuladen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Abgeordneten Katharina König-Preuss (Linke), Sprecherin für Antifaschismus, und des innenpolitischen Sprechers der Fraktion, Sascha Bilay. Der betreffende Polizeibeamte sei jahrelang AfD-Fraktionsgeschäftsführer gewesen und mitverantwortlich dafür, „dass Hardcore-Neonazis in der Fraktion eingestellt wurden, die wiederum in Organisationen aktiv waren, die durch das Bundesinnenministerium verboten wurden“.
Ähnlich hart gehen auch die Grünen mit dem vom Koalitionspartner geführten Innenministerium ins Gericht. „Wenn ein Beamter seit acht Jahren für die verfassungsfeindliche AfD in führender Position tätig ist und vom Rechtsextremisten Höcke ein lobendes Arbeitszeugnis bekommt, kann man aus meiner Sicht nicht mehr davon ausgehen, dass diese Person auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Madeleine Henfling, den Vorgang. Sie fordert eine Diskussion, um zu analysieren, „ob das Beamtenrecht über ausreichende Instrumente verfügt, um der Bedrohung durch extreme Rechte im Staatsdienst zu begegnen“. Das Ministerium wollte den Vorgang auf Anfrage nicht weiter kommentieren. Man äußere sich nicht zu Personalangelegenheiten.
Nach Informationen dieser Zeitung wurde der betreffende AfDMitarbeiter im April 2021 auf seine Verfassungstreue hin überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass er sich in der Vergangenheit nicht verfassungsfeindlich hervorgetan habe.
„Die Umstände des Beförderungsverfahrens werfen zahlreiche Fragen auf.“Madeleine Henfling (Grüne) innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion