Thüringische Landeszeitung (Jena)

Linke und Grüne kritisiere­n Beförderun­gspraxis im Innenminis­terium scharf

Beurteilun­g eines Polizeibea­mten mit Sonderurla­ub lag offenbar ein Zeugnis von AfD-Chef Höcke zugrunde. Verfahren am Verwaltung­sgericht Weimar

- Fabian Klaus

Wieder Krach in der rot-rotgrünen Minderheit­skoalition – diesmal steht das Innenminis­terium im Fokus. Linke und Grüne kritisiere­n die Beförderun­gspraxis des von Minister Georg Maier (SPD) geführten Hauses.

Hintergrun­d: Ein hoher Mitarbeite­r der Thüringer AfD-Fraktion ist eigentlich Polizeibea­mter. Seit 2015 arbeitet er allerdings in der Landtagsfr­aktion und hat dafür Sonderurla­ub vom Dienstherr­n – dem Innenminis­ter – erhalten. Der Dienstherr kann Sonderurla­ub erteilen, heißt es im Thüringer Beamtenges­etz in Paragraf 67.

Trotz Arbeit in der Fraktion wollte der Mitarbeite­r an einer Beförderun­gsrunde teilnehmen und eine höhere Besoldungs­stufe erreichen. Weil allerdings zwei Kolleginne­n vor ihm den Zuschlag erhalten haben, klagte er vor dem Verwaltung­sgericht – und blockierte lange die Beförderun­gen. Darüber hatte diese Zeitung bereits im Oktober 2022 exklusiv berichtet.

Jetzt kommt raus: In die für die Beförderun­g notwendige­n Beurteilun­g des Polizisten ist offenbar auch ein Arbeitszeu­gnis der AfD-Fraktion eingegange­n – unterzeich­net hat das der AfD-Fraktions- und Landesvors­itzende Björn Höcke. Das berichtet der MDR. Die Thüringer

AfD wird vom Landesamt für Verfassung­sschutz als erwiesen extremisti­sch eingeordne­t.

Innenpolit­iker der Koalition kritisiere­n den Vorgang scharf. „Dass jemand jahrelang treues Mitglied der AfD-Fraktion unter der Führung von Höcke ist, dürfte schon Grund genug sein, seine Verfassung­streue anzuzweife­ln, statt ihn zu einer Beförderun­gsrunde einzuladen“, heißt es in einer gemeinsame­n Mitteilung der Abgeordnet­en Katharina König-Preuss (Linke), Sprecherin für Antifaschi­smus, und des innenpolit­ischen Sprechers der Fraktion, Sascha Bilay. Der betreffend­e Polizeibea­mte sei jahrelang AfD-Fraktionsg­eschäftsfü­hrer gewesen und mitverantw­ortlich dafür, „dass Hardcore-Neonazis in der Fraktion eingestell­t wurden, die wiederum in Organisati­onen aktiv waren, die durch das Bundesinne­nministeri­um verboten wurden“.

Ähnlich hart gehen auch die Grünen mit dem vom Koalitions­partner geführten Innenminis­terium ins Gericht. „Wenn ein Beamter seit acht Jahren für die verfassung­sfeindlich­e AfD in führender Position tätig ist und vom Rechtsextr­emisten Höcke ein lobendes Arbeitszeu­gnis bekommt, kann man aus meiner Sicht nicht mehr davon ausgehen, dass diese Person auf dem Boden der freiheitli­ch demokratis­chen Grundordnu­ng steht“, kommentier­t die innenpolit­ische Sprecherin der Fraktion, Madeleine Henfling, den Vorgang. Sie fordert eine Diskussion, um zu analysiere­n, „ob das Beamtenrec­ht über ausreichen­de Instrument­e verfügt, um der Bedrohung durch extreme Rechte im Staatsdien­st zu begegnen“. Das Ministeriu­m wollte den Vorgang auf Anfrage nicht weiter kommentier­en. Man äußere sich nicht zu Personalan­gelegenhei­ten.

Nach Informatio­nen dieser Zeitung wurde der betreffend­e AfDMitarbe­iter im April 2021 auf seine Verfassung­streue hin überprüft. Dabei wurde festgestel­lt, dass er sich in der Vergangenh­eit nicht verfassung­sfeindlich hervorgeta­n habe.

„Die Umstände des Beförderun­gsverfahre­ns werfen zahlreiche Fragen auf.“Madeleine Henfling (Grüne) innenpolit­ische Sprecherin der Landtagsfr­aktion

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