Thüringische Landeszeitung (Jena)
Razzia bei Ärzten
Staatsanwaltschaft lässt Räume des Unternehmens Kielstein durchsuchen
Erfurt. Gegen 7.30 Uhr klingelten Freitagmorgen rund 90 Einsatzkräfte des Landeskriminalamtes (LKA) in Thüringen an Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) des Thüringer Unternehmens Dr. med. Kielstein. In Einrichtungen in Erfurt, Rudolstadt, Jena, Kahla und Suhl suchten die Ermittler Beweise, die den Vorwurf des Abrechnungsbetrugs im Gesundheitswesen belegen sollen. Unterstützung leisteten eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei und zehn IT-Spezialisten aus
Die Sachen liegen bis zu fünf Jahre zurück. Was ausschließt, dass es sich um Abrechnungsbetrug innerhalb der CoronaPandemie handelt. Ingolf Gottstein Sprecher des Unternehmens Dr. med. Kielstein
den Kriminalpolizeiinspektionen. In den Fokus der Durchsuchung sollen auch private Wohnräume und Büroräume geraten sein. Die Maßnahmen dauerten den ganzen Tag an, so das LKA und die zuständige Staatsanwaltschaft in Meiningen übereinstimmend. Details wurden unter Verweis auf laufende Ermittlungen nicht genannt.
„Wir können bestätigen, dass am heutigen Tag Durchsuchungen bei einigen Einrichtungen der Dr. med. Kielstein Ambulante Medizinische Versorgung GmbH durch Ermittlungsbehörden stattgefunden haben“, teilte das betroffene Unternehmen am Freitagnachmittag mit. Danach würden sich die Untersuchungen gegen zwei Mitarbeiter der Verwaltung, nicht aber gegen das Unternehmen richten, erklärte Sprecher Ingolf Gottstein.
„Die Sachen liegen unseres Wissens bis zu fünf Jahre zurück. Was ausschließt, dass es sich um Abrechnungsbetrug innerhalb der CoronaPandemie handelt. Wir kennen aber den konkreten Vorwurf nicht“,
so Gottstein. Die Geschäftsführung werde vollumfänglich mit den Behörden kooperieren und, sobald Informationen vorlägen, auch intern wegen eines möglichen Fehlverhaltens ermitteln. Der Praxisbetrieb laufe im vollen Umfang weiter. Auch laut Staatsanwaltschaft sei versucht worden, ärztliche Behandlungen und Sprechstunden so wenig wie möglich durch die polizeilichen Maßnahmen zu behindern. Überrascht reagierte die Kassenärztliche
Vereinigung (KVT). Die Nachricht habe man aus den Medien erfahren, sagte Sprecher Matthias Streit. Laut einer Vereinbarung zwischen KVT und Kassen kann bei falschen Abrechnungen Strafanzeige gestellt werden. „Die KVT hat dieses Verfahren aber nicht veranlasst. Prinzipiell können alle Bürger den Ermittlungsbehörden Hinweise geben“, sagte Streit. Gleichlautend äußerten sich auch mehrere Krankenkassen sowie die
Landesärztekammer. Sprecherin Ulrike Schramm-Häder sagte, bei Verstößen greife gegebenenfalls auch die Berufsordnung für Ärzte. „Wurde gegen das Berufsrecht verstoßen, würden wir gegebenenfalls Konsequenzen prüfen“, sagte sie.
Wegen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs gab es bereits im Oktober eine Razzia in einer Geraer Praxis, die zu einem MVZ für HNOChirurgie mit Sitz in Leipzig gehört. Die Ermittlungen dazu dauern an.