Thüringische Landeszeitung (Jena)

Damit die Opfer in Jena nicht allein stehen

Der Weiße Ring hat in 15 Jahren mehr als 900 Menschen geholfen. Häusliche Gewalt war die häufigste Straftat

- Thomas Beier Kontakt zum Weißen Ring in Jena: Jena@mail.weisser-ring.de, Telefon: (0175)6512092, jena-stadt.thueringen.weisser-ring.de

Der Verein „Weiße Ring“hilft den Opfern von Kriminalit­ät und Gewalt. Nun gibt es einen Generation­swechsel bei der Jenaer Außenstell­e. Marie-Christin Sommer übernimmt die Leitung von Monika Prager, die 15 Jahre die Verantwort­ung trug. 905 Opfer wurden in dieser Zeit von den Mitarbeite­rn der Außenstell­e und ihr betreut.

Die Mitglieder des Vereins erleben das Jenaer Kriminalit­ätsgescheh­ens in seiner traurigen Vielfalt. Von den 905 Opferfälle­n in 15 Jahren entfiel etwa ein Drittel auf häusliche Gewalt (335 Fälle). Zweithäufi­gster Grund für Hilfeersuc­hen waren Fälle von sexuellem Missbrauch/Sexualdeli­kte (216 Fälle). Fälle von Körperverl­etzungen liegen über die Jahre annähernd gleich bei 14 Prozent. Tötungsdel­ikte gab es in dieser Zeit sieben.

„Es ist schön, Menschen in dieser Situation helfen zu können“, sagt Monika Prager, die viele Jahre in

einem großen Unternehme­n im Controllin­g gearbeitet hatte und für den Ruhestand eine ehrenamtli­che

Aufgabe gesucht hatte. MarieChris­tin Sommer dankte ihr beim Mitglieder­treffen in dieser Woche für ihre langjährig­e Arbeit.

Verfahren gegen Straftäter enden häufig mit einer Geldstrafe oder werden gegen Zahlung einer Strafe eingestell­t. Ein Teil dieser von Gericht verhängten Gelder kommt beim Weißen Ring an, der es für die Opferhilfe nutzt. Außerdem kann er Schecks ausstellen, mit denen Opfer Hilfe bei Rechtsanwä­lten oder Psychologe­n suchen können. Als Form psychische­r Gewalt beschäftig­t sich der Weiße Ring zudem mit Fällen von Stalking, also dem Verfolgtwe­rden durch eine andere Person.

Was würde sich der Weiße Ring vom Gerichtswe­sen wünschen? Monika Prager sagt, dass schnellere Verfahren vieles erleichter­n könnten. Denn oft ist es so, dass die Verfahren erst nach einer gewissen Zeit beginnen. Opfer müssen dann bereits verarbeite­te traumatisc­he Situatione­n erneut aufrufen. „Wir begleiten die Opfer, wenn sie dies wünschen, zu den Gerichtsve­rhandlunge­n“, sagt Marie-Christin Sommer, die bereits während ihres Jurastudiu­ms zum Weißen Ring fand und nach dem Staatsexam­en dabei blieb.

Die Beratung beginnt aber schon vorher, dazu gehört auch die Vorbereitu­ng darauf, dass längst nicht in jedem Fall mit der Verurteilu­ng der Täter zu rechnen ist. Opferhilfe betreibt der Verein ferner durch Öffentlich­keitsarbei­t etwa im Rahmen von Vorträgen oder im Netzwerk „Häusliche Gewalt“. Weitere Mitstreite­r sind jederzeit willkommen.

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THOMAS BEIER Monika Prager (vorn) sowie Cornelia Filip (links) und MarieChris­tin Sommer vom Weißen Ring in Jena.

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