Thüringische Landeszeitung (Jena)
Unternehmen investieren weniger
Abwanderungen aus Thüringen werden erwogen. Triebwerksspezialist baut aus und stellt ein
Die Stimmung in der Thüringer Wirtschaft hat sich zum Jahresbeginn spürbar eingetrübt. Die Erwartungen für das erste Halbjahr seien mehr als verhalten, ergab eine aktuelle Umfrage des Verbandes der Wirtschaft Thüringens.
„Fast jeder zweite Befragte geht davon aus, dass das erste Halbjahr 2023 schlechter wird als das im Vorjahr“, berichtete der Präsident ds Verbandes der Wirtschaft Thüringens, Hartmut Koch, am Freitag. Die Unternehmen planten weniger zu investieren und zu produzieren. „Noch pessimistischer wird die Perspektive für die Thüringer Wirtschaft insgesamt bewertet: Hier gehen über 60 Prozent der Befragten von einer negativen Entwicklung aus“, sagte Koch.
Probleme mit der Gas- und der Stromversorgung blieben die zentralen Themen, so Koch. Aktuell seien zwar die Gaspreise etwas gesunken, das ursprüngliche Niveau werde aber nicht wieder erreicht werden. Es sei davon auszugehen, dass Energiepreise hoch blieben.
„Mit den hohen Energiepreisen gerät Deutschland und damit Thüringen immer mehr ins Hintertreffen gegenüber anderen Regionen der Welt“, warnte Koch. Beispielsweise koste Gas in den USA gegenwärtig ein Fünftel des Preises in Deutschland. Der Kostenfaktor Energie schwächt nicht nur energieintensive Unternehmen, sondern hat auch spürbare Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette der Industrie. Folglich seien Produktionsverlagerungen in andere Länder nicht auszuschließen.
So denken laut de Umfrage derzeit zwölf Prozent der Firmenchefs über eine Verlagerung des gesamten Unternehmens und jeder zehnte Manager über die Verlagerung von Unternehmensteilen oder Arbeitsplätzen nach. Mehr als jeder fünfte befragte Unternehmer kündigte Inmöglich vestitionen nur noch im Ausland an, bestätigte Koch. Lediglich die kleinen Betriebe und Mittelständler, denen eine Abwanderung nicht
ist, sind demnach gewillt in Thüringen zu investieren.
Gänzlich anders gestaltet sich die aktuelle Entwicklung dagegen beim Wartungsspezialisten für Flugzeugturbinen N3 Engine Overhaul Services am Erfurter Kreuz. Dort ist die Talsohle durchschritten und es soll kräftig investiert werden, bestätigte Geschäftsführer Stefan Landes.
„In der Corona-Krise, als die gesamte Luftfahrtbranche komplett am Boden lag, brach auch unser Geschäft massiv ein“, bestätigte Landes. So habe die Auslastung nach fünfzehn Jahren kontinuierlichen Wachstums im Jahr 2021 plötzlich nur noch bei 50 Prozent gelegen.
Mit Kurzarbeit habe man diese Situation überbrückt und die 830 Beschäftigten halten können. Nach der Zulassung für ein weiteres Triebwerk durch die Luftfahrtbundesamt baut man die Anlagen auf dem Firmengelände aus und will die Mitarbeiterzahl weiter auf dann rund 1000 erhöhen, bestätigte Landes.
Annähernd die Hälfte der Thüringer Unternehmen verfügt inzwischen über Notfallpläne für den Fall einer erneuten Störung der Abläufe. Hartmut Koch Präsident des Verbandes der Wirtschaft Thüringens