Thüringische Landeszeitung (Jena)
Brisanter Vermerk
Zwei Polizisten wird sexuelle Nötigung vorgeworfen: Bildungszentrum der Beamten im Fokus
Zwei Beamte der Thüringer Polizei müssen seit Freitag ihren Dienst beim Landeskriminalamt versehen. Damit reagiert die Polizeiführung auf Vorwürfe der sexuellen Nötigung, die gegen die beiden Polizisten erhoben werden.
Nach Informationen dieser Zeitung hängen beide Fälle über das mutmaßliche Opfer zusammen – es soll sich dabei um eine Mitarbeiterin der Thüringer Polizei handeln.
Besonders brisant: Ein Fall spielte sich am Bildungszentrum Meiningen ab, wo einer der beiden Beschuldigten lehrte. Zuletzt war er stellvertretender Leiter einer Polizeiinspektion. Der andere Fall soll sich in Erfurt ereignet haben.
Seit Anfang Januar sind die Vorfälle bereits im Innenministerium in Erfurt bekannt. Minister Georg Maier (SPD) selbst ist offenbar darauf aufmerksam gemacht worden. Er soll umgehend reagiert und die entsprechenden Leitungsbeamten mit dem Thema betraut haben.
Jetzt ermittelt die beim Innenministerium angesiedelte Abteilung „Interne Ermittlung“. Ermittlungs
führend ist die Staatsanwaltschaft. Insbesondere der Umstand, dass sich ein Fall am Bildungszentrum in Meiningen ereignet hat, birgt zusätzliche Brisanz vor dem Hintergrund, dass die Anwärterinnen für den Polizeiberuf zum Teil noch minderjährig sind, wenn sie hier in Südthüringen ihre Polizeilaufbahn beginnen wollen.
Struktur am Bildungszentrum soll sich nachhaltig ändern
Hat die Polizei und insbesondere das Bildungszentrum ein systemisches Problem? Werden Machtpositionen
zulasten von Untergebenen ausgenutzt? Sind die beiden Fälle nur die Spitze des Eisberges oder zwei zufällig gemeinsam aufgetretene Einzelfälle?
Auf Anfrage bestätigt Innenminister Georg Maier die Informationen dieser Zeitung, dass zwei Polizisten vorübergehend eine andere Verwendung erhalten hätten. „Sofort, als ich davon Kenntnis erlangt habe, habe ich Maßnahmen zur vollständigen Aufklärung ergriffen“, sagt er mit Blick auf die brisanten Vorwürfe. Konkreter wird der SPD-Politiker mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen indes nicht. Gleichwohl ändert sich im Bildungszentrum nachhaltig etwas. Maier bestätigt, dass eine Stabsstelle Prävention geschaffen werden soll, an die sich Betroffene wenden können. Das sei allerdings ausdrücklich nicht als Reaktion auf die beiden Fälle zu verstehen, zu denen derzeit Ermittlungen laufen. „Mit der Schaffung dieser Stabsstelle ist nicht die Aussage verbunden, dass wir ein systemisches Problem haben“, stellt Maier klar.
Die Polizeischule in Meiningen erscheint dabei nicht zum ersten Mal in einem zweifelhaften Licht: In der Vergangenheit gab es Ermittlungen nach einem „Saufgelage“, bei dem Anwärter im Streifenwagen volltrunken den Alkoholvorrat wieder auffüllen wollten. Zudem soll ein Polizeischüler auch einmal betrunken zum Dienst erschienen sein. In einem anderen Fall wurden Drogen in einem Spind gefunden. Jetzt kommen die Ermittlungen zu der mutmaßlichen sexuellen Nötigung, die in besonders schweren Fällen bei einer Verurteilung langjährige Freiheitsstrafen zur Folge haben kann, über die Polizeischule.