Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Kritiker der Elche
Rund ein Vierteljahrhundert hatte in Thüringen nur oder vor allem eine Partei das Sagen: die CDU. Seit der Wiedervereinigung stellte sie den Ministerpräsidenten und den Großteil der Minister. Von 1999 bis 2009 führte sie den Freistaat sogar allein. Ansonsten durften anfangs die FDP und später die SPD mitregieren. Ein bisschen zumindest.
Aber fest stand: Wer etwas in der Politik oder der Landesverwaltung werden wollte, dem empfahl man ein CDU-Parteibuch. Es konnte bei der Laufbahnplanung durchaus wichtig werden. Viele Christdemokraten trauern dieser güldenen Zeit noch heute hinterher.
Damals gehörten die ministeriellen Abteilungsleiter fast ausschließlich der Union an oder standen ihr zumindest sehr sehr nahe. Nur vereinzelt fanden sich dort Liberale oder Sozialdemokraten. Es waren koalitionäre Überbleibsel, die als Exoten weiter ihre Arbeit machen durften. Auch in den obersten Behörden war das CDU-Ticket eine Art Eintrittskarte.
Nicht zuletzt die lange die Opposition anführende Linke wetterte gerne und zu Recht über Ämterpatronage und Vetternwirtschaft. Denn Eignung, Leistung und Befähigung
schienen für etliche Karrierebeamte damals nicht das vorrangige Kriterium.
Ausgerechnet bei der höchsten Thüringer Prüfinstanz selbst wollten es die Unionschristen Anfang der 10er Jahre des neuen Jahrtausends auf die Spitze treiben. Die Fraktionsführung versprach einem aus dem Landtag geflogenen Berufsschullehrer als Anschlussbeschäftigung einen lukrativen Direktorenposten beim Rechnungshof.
Doch da hatte man die Rechnung ohne Präsident Sebastian Dette gemacht. Der teilte zwar mit dem Bewerber die CDU-Mitgliedschaft, aber nicht die Auffassung, dass dieser auch nur annähernd für den Posten geeignet sei. So verscherzte es sich Dette zwar mit seinen Parteifreunden, konnte aber weiterhin ruhigen Gewissens in den Spiegel schauen.
Seit 2014 sitzt die Linke in der Landesregierung. Und die Partei, die nicht alles anders, aber vieles besser machen wollte, hat schnell gelernt, die Mechanismen der Macht für sich zu nutzen. Genau wie ihre kleinen Partner SPD und Grüne: Bei der Vergabe von Topjobs wird schon mal auf die Bestenauslese verzichtet.
Deshalb ist es so wichtig, dass der Rechnungshof mit seiner nicht mehr ganz neuen Chefin Kirsten Butzke weiter den Finger in die Wunde legt. Die CDU, die sich einst gerne den Staat zur Beute machte, schreit jetzt als größte Oppositionskraft Zetermordio. Getreu den Motto: Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.