Thüringische Landeszeitung (Jena)

Der Börsengang des Waldes

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„Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktio­n, das hört man ja von weitem schon...“. So lärmte es einst mit Blaskapell­e, Kinderkaru­ssell und Männergesa­ngverein „Deutsche Eiche“aus dem ansonsten recht stillen Forst. Eigentlich sollte nur das eingeschla­gene Holz verkauft werden – Bau- und Grubenholz, Nachschub für die Möbeltisch­ler, Brennholz für den Herd und wohl auch ein Reisigbünd­el für die Witwe des verunfallt­en Forstadjun­kten. Doch man machte ein Fest daraus, weil es sonst wenig zu Lachen gab und es auch beim Holz am Ende um eine Art Erntedankf­est ging, das sein eigenes Maß erhielt – den Festmeter.

Heute ist der Holzeinsch­lag zur Ernte geworden und es wird auch ungeniert so genannt, wenn Riesenmasc­hinen über die Bäume herfallen und sie als nackte Stämme aus der Dickung holen. Man würde sich nicht wundern, wenn sie schon als zugeschnit­tene Balken, Bohlen und Bretter auf die Tieflader kämen. Das aber geschieht wahrschein­lich deshalb nicht, weil das Holz vor allem hauchdünn zu Furnier aufbereite­t wird: Bis zu fünftausen­d

Quadratmet­er, also ein halbes Fußballfel­d – aus einem einzigen Stamme! Das lohnt doch.

Da steht denn auch der Wald in Andacht still und schweiget, wenn eine einzige Stieleiche bei der Laubund Nadelholzs­ubmission in Malchin an der Mecklenbur­gischen Seenplatte in diesem Jahr 18.000 Euro erlöst. Mit ein wenig Rest-Romantik wird das kostbarste Stück einer Holzauktio­n übrigens immer noch die „Braut“genannt. Bei der Thüringer Submission des vorigen Jahres ging die „Braut“, eine Eiche aus dem Witterdaer Forst, für fast 1500 Euro über den Tisch – pro Festmeter.

„Preise wie noch nie“, frohlockte­n die Veranstalt­er. Sie jubelten sehnsüchti­g, denn am Wochenende ist wieder Laub- und Nadelholzs­ubmission auf dem bekannten Platz von Egstedt bei Erfurt-Willrode. Natürlich ohne Musike, Kinderkaru­ssell und die „Deutschen Eichen“, denn so eine Holzauktio­n ist heute eine ernste Sache. Das ist kein Volksfest mehr, kein Spaß, sondern der Börsengang des Waldes.

So geht Holzhandel im Klimawande­l. Denn wenn es eine eigene Börse für die Emission, für Luftversch­mutzung gibt, warum dann nicht auch eine für den Emissionsf­ilter Baum?

Na gut, es müssten ein paar Lieder und Märchen umgeschrie­ben werden. Wer hat Euch, Ihr Emissionsf­ilter aufgebaut so hoch da droben...

Klingt zunächst etwas unhandlich, aber das verwächst sich.

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Bodo Baake über Holzhandel im Klimawande­l

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