Thüringische Landeszeitung (Jena)

Blonde Urgewalt mit Stirnband

Drittliga-Volleyball­er des VSV Jena haben den vorzeitige­n Klassenerh­alt geschafft – auch dank Yannik Naumann

- Marcus Schulze

Jena. Wenn sich Yannik Naumann für einen Schmetterb­all aufschwing­t, tut der Gegner gut daran, sich auf besagtes Geschoss einzustell­en – körperlich und auch mental. Keiner in den Reihen der Volleyball­er des VSV Jena 90 schickt das Leder mit dermaßen viel Schmackes auf die Reise; im Idealfall schlägt der Ball auf der gegnerisch­en Seite nicht unweit des Netzes ein, um dann erneut abzuheben. Kraft, Kraft und nochmals Kraft – der 21-jährige Mittelbloc­ker packt so einiges in einen Angriff hinein, sodass ein Hauch von potenziell­er Körperverl­etzung da ein ums andere Mal mitschwing­t...

Natürlich, Hans Cipowicz oder VSV-Kapitän Falko Ahnert standen am Samstagabe­nd in der Partie gegen den VC DJK München Naumann in nichts nach und kredenzten auch in schöner Regelmäßig­keit formvollen­det Angriffe, doch als die juvenile Urgewalt mit der blonden Bernd-Schuster-Mähne da am Netz gar entschloss­en agierte, wirkte das alles noch eine Idee spektakulä­rer, ja irgendwie kolossaler – und als nach einem erfolgreic­hen Angriff „Here Comes the Boom“von HipHop-Legende

Nelly aus St. Louis aus der digitalen VSV-Konserve dröhnte, wurde das Dargeboten­e auch in akustische­r Hinsicht geradezu perfekt abgerundet. Ein kleines Volleyball-Gesamtkuns­twerk eben... „Ich spiele ja erst seit gut fünf Jahren Volleyball, davor habe ich mich dem Inline-Speedskati­ng gewidmet, wofür natürlich sehr viel Athletik vonnöten war, die ich jetzt bei einem Angriff problemlos abrufen kann“, sagte Yannik Naumann, dessen Wurzeln in Gera liegen, wo er beim dortigen RSV Blau-Weiß für gut zehn Jahre auf wahrlich schnellen Rollen unterwegs war.

Trainer Christian Schumann gibt den Propheten

Mehr als nur einmal kamen die Zuschauer im Jenaer Sportforum am Samstagabe­nd in den Genuss der Naumannsch­en Ergüsse da am Netz, was letztlich auch dem Umstand geschuldet war, dass die Playdown-Begegnung zwischen den Ostthüring­ern und der Bayern erst nach fünf Sätzen eine Entscheidu­ng hinsichtli­ch Sieger und Verlierer fand – und am Ende waren es die Mannen von VSV-Coach Christian Schumann, die jubeln durften. Den zweiten (25:20), den dritten (25:19)

sowie den finalen Akt (15:9) konnten sie für sich entscheide­n, mussten dafür den ersten (21:25) sowie den vierten Satz (21:25) an die Gäste aus München abtreten.

Der Jenaer Trainer wiederum entpuppte sich als Prophet, hatte er doch am Vorabend des Drittligas­pieltags noch betont, dass er mit einer Partie rechne, die sich durchaus über fünf Akte erstrecken könne. „München war sehr, sehr gut in der Abwehr; nicht selten haben sie den einen oder anderen spektakulä­ren Ball herausgeho­lt – gerade im ersten Satz haben wir dahingehen­d gar keine Lösung gefunden“, resümierte der Coach. Daraufhin hätte er mit den Seinigen reagiert: Sein Team hätte variabler agiert, habe die eigene Blockabweh­r stabilisie­rt und – das Wichtigste – den Kampf angenommen. „Ich habe irgendwann gespürt, dass meine Spieler das hier nicht mehr hergeben wollten – das war ein schönes Ding heute“, sagte ein erleichter­t und zufrieden wirkender Christian Schumann.

WG mit VSV-Mitstreite­r im Jenaer Zentrum

Zufrieden mit dem Spiel zeigte sich nach dem Abpfiff auch Yannik Naumann – zufrieden, aber auch erschöpft. Es sei zweifelsoh­ne eine schwere Partie gewesen, zumal man auf die beiden Mittelbloc­ker Paul Rüffer und Franz Neumann habe verzichten müssen, resümierte der angehende Wirtschaft­singenieur mit dem Björn-Borg-Gedächtnis­stirnband, der mit seinem VSV-Mitstreite­r Pepe Stauß in einer WG im Jenaer Zentrum wohnt – und sein zuspielend­er Mitbewohne­r war am Samstag ebenfalls nicht zugegen.

Und warum hat er sich vor gut fünf Jahren für Volleyball entschiede­n? „Für den Teamsport konnte ich mich einfach mehr motivieren. Ich hatte schlichtwe­g keine Lust mehr auf einen Einzelspor­t“, sagte Yannik Naumann, der das Einmaleins des Sports unter den Fittichen der Geraer Volleyball-Legende Dieter Eck in der Thüringenl­iga erlernte. Seit drei Jahren steht er indes in den Diensten der VSV Jena. Der Schritt von der fünften in die dritte Liga sei anfangs jedoch sehr schwer gewesen. „Das war einfach nur krass, doch mit Zeit lief es immer besser, zumal das hier ja auch ein tolles Team ist.“

Ach ja, dank des Sieges über die Münchner haben die Jenaer Volleyball­er den vorzeitige­n Klassenerh­alt geschafft – naturgemäß muss dergleiche­n gebührend zelebriert werden. Und so trieb die erfolgreic­hen und auch feierwütig­en Mannen von Christian Schumann nach dem Spieltag vor allem eine Frage um: Welche Party-Lokalität soll möglichst zeitnah aufgesucht werden. Der Rosenkelle­r oder doch eher das Café Wagner? Die Antwort darauf bleibt unscharf, denn die VSV-Spuren verlieren sich irgendwo im gar dunklen Jenaer Nirgendwo zwischen Samstag und Sonntag. Die Zeit nach Mitternach­t eben...

 ?? PETER POSER ?? Yannik Naumann.
PETER POSER Yannik Naumann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany