Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ermittlung­en gegen Polizisten in Thüringen werden oft eingestell­t

Von 463 Verfahren seit dem Jahr 2018 kommen nur 138 bei der Staatsanwa­ltschaft an

- Fabian Klaus

Ermittlung­en wegen des Verdachts der Körperverl­etzung im Amt, die sich gegen Angehörige der Thüringer Polizei richten, werden in der Regel eingestell­t. Das geht aus einer Antwort des Innenminis­teriums auf eine Anfrage dieser Zeitung hervor.

Demnach wurden seit 2018 insgesamt 463 polizeilic­he Ermittlung­sverfahren gegen Polizistin­nen oder Polizisten sowie andere Angehörige der Polizei im Freistaate­s geführt, weil gegen sie der Verdacht bestand, sich eines Verstoßes gegen den Paragrafen 340 des Strafgeset­zbuches schuldig gemacht zu haben. In 305 Fällen wurde von der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft keine Anklage erhoben, weil die Ermittlung­en nicht genügend Ansatzpunk­te dafür ergeben haben. In zehn Fällen wurde das Vergehen wegen Geringfügi­gkeit nicht weiter verfolgt. 138 Fälle, heißt es aus dem Innenminis­terium, seien in dieser Zeit bei den Staatsanwa­ltschaften zur rechtliche­n Würdigung vorgelegt worden.

Statistik ordnet Einsatzlag­e und Ermittlung­sverfahren nicht zu

Im Zuge der Proteste im Dorf Lützerath (Nordrhein-Westfalen) hatte es deutschlan­dweit eine Debatte über einen möglicherw­eise überzogene­n Polizeiein­satz gegeben, von der Thüringer Einsatzkrä­fte allerdings nicht betroffen gewesen sind. Die Thüringer Polizei unterstütz­te den Einsatz in Lützerath zwar über mehrere Tage – allerdings lediglich mit der Bereitstel­lung des sogenannte­n „ToiKw“, also des Toilettenk­raftwagens. Zwei Bedienstet­e der Polizei waren dafür als Bedienpers­onal abgestellt.

Mit Blick auf die Einsatzlag­en, bei denen sich Thüringer Polizisten hinterher einem Ermittlung­sverfahren gegenüber sahen, ist nach Angaben des Innenminis­teriums keine Zuordnung mehr möglich. Diese erfolge in der statistisc­hen Erfassung der Verfahren schlicht nicht, teilte ein Sprecher von Thüringens Innenminis­ter Georg Maier (SPD) mit. Dessen Haus hat seit wenigen Monaten die Abteilung Interne Ermittlung der Thüringer Polizei in der Fachaufsic­ht.

Aktuell laufen nach Angaben aus dem Innenresso­rt 51 Ermittlung­sverfahren gegen Polizisten aus Thüringen wegen des Verdachts der Körperverl­etzung im Amt. Im Rahmen dieser Ermittlung­en würden „Polizeibea­mte genauso behandelt, wie ,jeder Beschuldig­te‘ im Strafverfa­hren“. Daneben weist das Innenminis­terium darauf hin, dass neben den strafrecht­lichen Konsequenz­en für Polizeibea­mte auch disziplina­rische Konsequenz­en möglich sind – wie zum Beispiel die Einleitung eines entspreche­nden Verfahrens, das Verbot der Ausführung der Dienstgesc­häfte aber auch die Umsetzung oder zeitweise Entbindung des Beamten von seiner Tätigkeit. Das könne, heißt es, eben auch zum Schutz des Beamten erfolgen.

Insbesonde­re im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kam es in den vergangene­n beiden Jahren landesweit zu Polizeiein­sätzen bei nicht angemeldet­en Demonstrat­ionen, bei denen im Anschluss die Kräfte kritisiert wurden für eine vermeintli­ch überzogen Gangart.

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