Thüringische Landeszeitung (Jena)
Auch diesen Sommer drohen Wartezeiten
Die Luftverkehrsbranche verspricht Besserung an den Flughäfen. Doch es fehlt immer noch an Personal
Wer zu Ostern und im Sommer in die Ferne fliegen will, muss sich wohl wieder auf Wartezeiten an den Flughäfen einstellen. Die Branche arbeitet seit den teils chaotischen Szenen im Sommer 2022 daran, die Probleme in den Griff zu bekommen. Doch vor allem die Personallage ist weiter angespannt, wie Jost Lammers, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), sagte. Eine Garantie für einen reibungslosen Reisesommer wollte er nicht geben.
Die Deutschen wollen trotz höherer Lebenshaltungskosten wieder reisen. Und viele streben in den Süden – per Flugzeug. Die Fluggesellschaften erhöhen deshalb das Angebot, vor allem im Europaverkehr und auf Interkontinentalstrecken. Insgesamt bleibt die Zahl der in Deutschland angebotenen Sitzplätze aber zwölf Prozent hinter der von 2019 zurück, dem letzten normalen Jahr vor der Corona-Pandemie. Im restlichen Europa ist der CoronaEinbruch praktisch ausgeglichen.
Ob im Sommer genug Personal vor Ort sein wird, bleibt unklar
Kräftig zulegen können die Flughäfen Frankfurt und München, die Drehkreuze der Lufthansa. Sie profitieren vom wachsenden Europaund Interkontinentalgeschäft und den Zubringerflügen der Lufthansa. Die meisten anderen Flughäfen wie
Köln/Bonn, Düsseldorf und Berlin wachsen auch, aber schwächer – Fluggesellschaften wie Ryanair und Easyjet haben ihr Angebot teils stark ausgedünnt.
Mehr Angebot und mehr Reisende bedeuten mehr Ansturm. So dramatisch wie 2022, als Fluggäste stundenlang am Check-in standen und ihre Flüge verpassten, Maschinen nicht entladen wurden und mit alten Koffern, aber neuen Passagieren losflogen oder sich Kofferberge stapelten, soll es nicht mehr werden. „Um den Passagieren ein möglichst
reibungsloses Reiseerlebnis bieten zu können, bereitet sich die Branche seit Monaten intensiv auf die bevorstehende Reisesaison vor“, sagt BDL-Präsident Lammers, im Hauptberuf Chef des Flughafens München.
Die Luftverkehrsbranche hatte während der Pandemie in großem Stil Personal gestrichen, das sich dann andere Jobs suchte. Die Situation jetzt ist anders. Flughäfen, Flugsicherung, Bundespolizei, Fluggesellschaften, Bodenverkehrsdienstleister verbesserten die Abläufe, sagte
Lammers. Die Unternehmen hätten seit dem vergangenen Jahr daran gearbeitet, Personal einzustellen. Ob genug vorhanden ist, sagte er auf Nachfrage nicht. Im vergangenen Jahr hatte die Branche versucht, türkische Abfertigungskräfte anzuwerben. Es kamen weniger als 100 – unter anderem wegen Bürokratie und Zugangsbeschränkungen. Das neue Arbeitskräftezuwanderungsgesetz sollte die Lage künftig vereinfachen. Saisonbeschäftigte von außerhalb der EU sollen dann mit Sondergenehmigung sechs Monate in Deutschland arbeiten dürfen, sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.
Auch die Abläufe an den Flughäfen sollen verbessert werden. Besonders die langen Schlangen an den Sicherheitskontrollen verärgern die Fluggäste immer wieder. Für die effiziente Sicherheitskontrolle sei wichtig, dass die Verantwortung für Personal, Technik und Abläufe in einer Hand liege, so Lammers. In München sind die Landesbehörden zuständig, der Frankfurter Flughafen hat zu Jahresbeginn die Verantwortung für die Sicherheitskontrollen übernommen. Dort, wo die Bundespolizei verantwortlich ist, kümmern sich mindestens drei verschiedene Stellen – was alles verkompliziert.
Beschleunigen könnten die Sicherheitskontrollen auch neue CTScanner, die in München und Frankfurt genutzt werden sollen. Sie durchleuchten Gepäck mehr als doppelt so schnell wie die alten Röntgengeräte. An anderen Flughäfen kommt die Technik wohl nicht mehr in dieser Sommersaison. Für dieses Jahr empfiehlt BDL-Präsident Lammers: Reisende sollten mehr Zeit einplanen, online oder bereits am Vorabend einchecken. Jede Person sollte nur ein Handgepäckstück mitnehmen, was unnötige Wartezeit wegen zusätzlicher Gepäckabgaben ausschließe. „Wenn alle an einem Strang ziehen, wird ein reibungsloser Sommer machbar sein.“