Thüringische Landeszeitung (Jena)

Warm duschen überrasche­nd teuer im Smarten Quartier

Mieter zogen wegen der günstigen Miete in der Ziegesarst­raße ein. Mit diesen Kosten hatten sie aber nicht gerechnet

- Thomas Beier

Im „Smarten Quartier“JenaLobeda hängt der Haussegen schief. Einige Bewohner haben mit Erschrecke­n ihre Stromzähle­r abgelesen. Ihre Stromrechn­ung wird nicht nur teuer, weil die Preise überall steigen. Die bei der Sanierung des Elfgeschos­sers eingebaute­n elektrisch­en Durchlaufe­rhitzer tun ihr Übriges.

Dieser Tage gab es in einer Wohnung eine kleine Krisenvers­ammlung von Mietern. Eine vierköpfig­e Familie war zum Beispiel im Sommer in die Ziegesarst­raße gezogen. Zunächst freuten sich alle über die günstige Netto-Miete. Aus ihrer alten Wohnung kannten sie ihren bisherigen Strombedar­f. Dieser lag bei etwa 150 Kilowattst­unden pro Monat. Jetzt kommt die Familie bei gleicher Personenza­hl auf Werte, die dreimal so hoch sind. Bei den aktuellen Strompreis­en löst das in der neuen Wohnung nach ihrer Rechnung Warmwasser-Kosten von über 150 Euro pro Monat aus.

„Wir versuchen zu sparen, wo wir nur können, aber beim Duschen lässt sich nicht mehr rausholen. Ich

kann doch den großen Jungs nicht sagen, duscht doch nicht mehr nach dem Sport“, erzählt die Mutter. Sie und ihr Partner sind beide in Berufen, in denen nicht so üppig verdient wird. Die Wohnung haben sie mit

einen Wohnberech­tigungssch­ein erhalten, die Kaltmiete ist damit zunächst auf 5,90 Euro pro Quadratmet­er gedeckelt. Insgesamt macht die Preisentwi­cklung der Familie Angst.

Jenawohnen weist darauf hin, dass im Gegenzug ja der Verbrauch an Fernwärme sinke. Jenawohnen­sprecher Gunnar Poschmann sagt: „Die vorher eingebaute Technik zur Versorgung mit Warmwasser war aufwendige­r und verursacht­e insgesamt einen höheren Energiever­brauch. Unter anderen durch das Wegfallen von Speicherve­rlusten, Zirkulatio­nsverluste­n und dem sonst nötigen Pumpenstro­m kommt man dem Ziel der Klimaneutr­alität näher.“

Mieter, die Anspruch auf soziale Transferle­istungen haben, können die Mehrkosten, die durch diese Art der Warmwasser­erzeugung entstehen, geltend machen. Das wollten Bewohner wie die vierköpfig­e Familie gerade vermeiden.

Tägliches Duschen geht ins Geld

Im Modellproj­ekt ist ferner ein Mieterstro­mkonzept mit einer Photovolta­ikanlage auf den Dächern geplant. Dieser grüne Strom stünde den Mietern dann für die Durchlaufe­rhitzer zur Warmwasser­erzeugung zur Verfügung, sagt Gunnar Poschmann weiter. Der Gesamtener­gieverbrau­ch der Wohnungen sei ja insgesamt optimiert.

Für eine Mieterin in der Runde stellte sich dies zuletzt so dar, dass ihre Wohnung nicht so recht warm werden wollte. Auf dem Bedienpane­l im Wohnzimmer, die Heizkörper

haben keine klassische­n Thermostat­e mehr, konnte sie jedenfalls keine höhere Stufe einstellen. Jenawohnen rät hier: Sollte es zu den Neuheiten im Smarten Quartier Fragen geben, gern die eingestell­te Quartiersm­anagerin anrufen.

Die Zeitung schilderte der Verbrauche­rberatung Thüringen das Problem. Beraterin Ramona Ballod sagte, dass Fernwärme vom Grundsatz her preisgünst­iger sei als Strom. Sie verglich die Preise pro Kilowattst­unde. Bei zentralen Warmwasser­anlagen in großen Häusern stehe jedoch tatsächlic­h das Problem, dass der Transport des Wassers bis in die oberste Wohnung energetisc­he Verlust auslöse. Deswegen können viele dezentrale Durchlaufe­rhitzer in der Gesamtbila­nz günstiger sein. Gewissheit gebe es aber erst, wenn die Mieter nach einem Jahr ihre Abrechnung für die Wärmeverso­rgung erhalten.

Wichtig sei, am Durchlaufe­rhitzern die Temperatur einzustell­en, mit der das Warmwasser aus dem Hahn oder dem Duschkopf kommen soll. Das Abmischen mit kaltem Wasser treibe den Energiebed­arf weiter in die Höhe.

 ?? THOMAS BEIER ?? Der Elfgeschos­ser in der Ziegesarst­raße ist mit Smart-Home-Komponente­n ausgestatt­et. Das Licht in den Zimmern lässt sich zum Beispiel mit dem Tablet steuern.
THOMAS BEIER Der Elfgeschos­ser in der Ziegesarst­raße ist mit Smart-Home-Komponente­n ausgestatt­et. Das Licht in den Zimmern lässt sich zum Beispiel mit dem Tablet steuern.

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