Thüringische Landeszeitung (Jena)
Warm duschen überraschend teuer im Smarten Quartier
Mieter zogen wegen der günstigen Miete in der Ziegesarstraße ein. Mit diesen Kosten hatten sie aber nicht gerechnet
Im „Smarten Quartier“JenaLobeda hängt der Haussegen schief. Einige Bewohner haben mit Erschrecken ihre Stromzähler abgelesen. Ihre Stromrechnung wird nicht nur teuer, weil die Preise überall steigen. Die bei der Sanierung des Elfgeschossers eingebauten elektrischen Durchlauferhitzer tun ihr Übriges.
Dieser Tage gab es in einer Wohnung eine kleine Krisenversammlung von Mietern. Eine vierköpfige Familie war zum Beispiel im Sommer in die Ziegesarstraße gezogen. Zunächst freuten sich alle über die günstige Netto-Miete. Aus ihrer alten Wohnung kannten sie ihren bisherigen Strombedarf. Dieser lag bei etwa 150 Kilowattstunden pro Monat. Jetzt kommt die Familie bei gleicher Personenzahl auf Werte, die dreimal so hoch sind. Bei den aktuellen Strompreisen löst das in der neuen Wohnung nach ihrer Rechnung Warmwasser-Kosten von über 150 Euro pro Monat aus.
„Wir versuchen zu sparen, wo wir nur können, aber beim Duschen lässt sich nicht mehr rausholen. Ich
kann doch den großen Jungs nicht sagen, duscht doch nicht mehr nach dem Sport“, erzählt die Mutter. Sie und ihr Partner sind beide in Berufen, in denen nicht so üppig verdient wird. Die Wohnung haben sie mit
einen Wohnberechtigungsschein erhalten, die Kaltmiete ist damit zunächst auf 5,90 Euro pro Quadratmeter gedeckelt. Insgesamt macht die Preisentwicklung der Familie Angst.
Jenawohnen weist darauf hin, dass im Gegenzug ja der Verbrauch an Fernwärme sinke. Jenawohnensprecher Gunnar Poschmann sagt: „Die vorher eingebaute Technik zur Versorgung mit Warmwasser war aufwendiger und verursachte insgesamt einen höheren Energieverbrauch. Unter anderen durch das Wegfallen von Speicherverlusten, Zirkulationsverlusten und dem sonst nötigen Pumpenstrom kommt man dem Ziel der Klimaneutralität näher.“
Mieter, die Anspruch auf soziale Transferleistungen haben, können die Mehrkosten, die durch diese Art der Warmwassererzeugung entstehen, geltend machen. Das wollten Bewohner wie die vierköpfige Familie gerade vermeiden.
Tägliches Duschen geht ins Geld
Im Modellprojekt ist ferner ein Mieterstromkonzept mit einer Photovoltaikanlage auf den Dächern geplant. Dieser grüne Strom stünde den Mietern dann für die Durchlauferhitzer zur Warmwassererzeugung zur Verfügung, sagt Gunnar Poschmann weiter. Der Gesamtenergieverbrauch der Wohnungen sei ja insgesamt optimiert.
Für eine Mieterin in der Runde stellte sich dies zuletzt so dar, dass ihre Wohnung nicht so recht warm werden wollte. Auf dem Bedienpanel im Wohnzimmer, die Heizkörper
haben keine klassischen Thermostate mehr, konnte sie jedenfalls keine höhere Stufe einstellen. Jenawohnen rät hier: Sollte es zu den Neuheiten im Smarten Quartier Fragen geben, gern die eingestellte Quartiersmanagerin anrufen.
Die Zeitung schilderte der Verbraucherberatung Thüringen das Problem. Beraterin Ramona Ballod sagte, dass Fernwärme vom Grundsatz her preisgünstiger sei als Strom. Sie verglich die Preise pro Kilowattstunde. Bei zentralen Warmwasseranlagen in großen Häusern stehe jedoch tatsächlich das Problem, dass der Transport des Wassers bis in die oberste Wohnung energetische Verlust auslöse. Deswegen können viele dezentrale Durchlauferhitzer in der Gesamtbilanz günstiger sein. Gewissheit gebe es aber erst, wenn die Mieter nach einem Jahr ihre Abrechnung für die Wärmeversorgung erhalten.
Wichtig sei, am Durchlauferhitzern die Temperatur einzustellen, mit der das Warmwasser aus dem Hahn oder dem Duschkopf kommen soll. Das Abmischen mit kaltem Wasser treibe den Energiebedarf weiter in die Höhe.