Thüringische Landeszeitung (Jena)
350.000 Anrufe unter der 112
Europäischer Aktionstag soll Nummer bekannter machen. Ältere scheuen sich oft, sie zu wählen
In Thüringen koordinieren die Rettungsleitstellen nach Anrufen unter der zentralen Notrufnummer 112 jährlich durchschnittlich 352.000 Einsätze. Die Zahl bewegt sich seit Jahren in dieser Größenordnung – mit Ausnahme der beiden Pandemiejahre 2020 und 2021, in denen weniger Einsätze zu verzeichnen waren. Den weitaus größten Teil machen dabei Einsätze des Rettungsdienstes aus, die Feuerwehren rücken im Schnitt knapp 25.000 Mal im Jahr aus.
Der 11. Februar ist der europäische Tag des Notrufs 112, wobei dieses Datum bewusst gewählt wurde: Der 11. Tag steht für die ersten zwei Ziffern der europaweit geltenden Nummer, der Februar als zweiter Monat im Jahr für die 2. Der Tag soll dazu beitragen, die Nummer in der Bevölkerung besser bekannt zu machen. Sie sollte immer dann gewählt werden, wenn ein echter Notfall vorliegt. Dazu zählen Brände, Verkehrsunfälle mit verletzten Personen, aber auch medizinische Notfälle wie Herzinfarkte, Schlaganfall oder starke Blutungen.
Der Bad Berkaer Notfallmediziner Christian Hohenstein appelliert an die Thüringer, vor allem bei Risikogruppen schnell zu handeln und die 112 lieber einmal zu viel als zu wenig zu wählen: „Gerade ältere Patienten neigen aufgrund von falscher Scham dazu, Schmerzen oder Druckgefühle in der Brust, Atemnot oder starke Schmerzen in anderen Körperregionen auszuhalten, sich zu Hause hinzulegen und zu warten, dass alles wieder ins Lot kommt. Das kann jedoch fatale Folgen haben“, sagt Hohenstein, Chefarzt des Interdisziplinären Notfallzentrums der Zentralklinik Bad Berka. Bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall komme es auf jede Minute an. Auch Bauchschmerzen seien ab 65 Jahren ein ernstzunehmendes Symptom. Doch auch bei jüngeernsthafte ren Patienten, die unter plötzlichen Beschwerden litten oder vorerkrankt seien, müsse oft zügig abgeklärt werden, ob sich dahinter eine oder gar lebensbedrohliche Erkrankung verberge. In den Notfallzentren der Krankenhäuser entscheiden Ärzte im Rahmen einer Ersteinschätzung, welcher Patient zuerst behandelt werden müsse.
Hohenstein widerspricht zudem der Behauptung, viele Menschen suchten wegen Bagatellen die Notfallzentren auf: „Niemand kommt ohne Grund in eine Notaufnahme, zumal die Menschen oft Angst vor Maßnahmen, Diagnosen und Konsequenzen haben.“Wenn Patienten einen Leidensdruck hätten, kümmerten sich die Mitarbeiter darum.
Sollten sich Anrufer unsicher sein und stattdessen die Rufnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 wählen, stellen die eigens geschulten Mitarbeiter an der Hotline bei Notfällen ebenfalls die Verbindung zum Rettungsdienst her. Das war 2022 in Thüringen 10.169 Mal der Fall war. 2020 waren 10.012 Anrufe ein Fall für die 112, im Jahr darauf 9350.
Gerade ältere Patienten neigen aufgrund von falscher Scham dazu zu warten, dass alles wieder ins Lot kommt. Das kann jedoch fatale Folgen haben. Christian Hohenstein, Notfallmediziner