Thüringische Landeszeitung (Jena)
Selenskyj drängt EU zu schnellerer Militärhilfe
Ukrainischer Präsident sieht in Brüssel Signale für Kampfjetlieferung – und wirbt für Aufnahme seines Landes in die Europäische Union
Höflich im Ton, hart in der Sache: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt die EU zu schnellerer und stärkerer Militärhilfe einschließlich der Lieferung von Kampfjets. Bei seinem Besuch in Brüssel warb er leidenschaftlich für die zügige Aufnahme seines Landes in die EU – und rief zu neuen Sanktionen gegen Russland auf. „Nur unser unweigerlicher Sieg wird die gemeinsamen europäischen Werte wahren“, sagte Selenskyj in einer Rede im EU-Parlament. „Das ist unser Europa, das sind unsere Regeln, das ist unsere Lebensweise, und für die Ukraine ist es ein Weg nach Hause. Wir haben eine gemeinsame europäische Geschichte“, betonte der Präsident. Russland aber wolle mit seinem „totalen Krieg“den europäischen Lebensstil zerstören.
Selenskyj war von den Abgeordneten begeistert empfangen worden. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nannte den Besuch einen „historischen Tag für Europa“und versprach: „Die Zukunft Ihrer Nation ist in der Europäischen Union.“Die von Selenskyj erhoffte Zusage, dass die EU noch in diesem Jahr offizielle Beitrittsverhandlungen startet, gab es aber nicht. EUKommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte nur ein zehntes Sanktionspaket gegen Russland mit zusätzlichen Exportverboten im Umfang von zehn Milliarden Euro an. Selenskyj wurde deutlicher und ungeduldiger, als er zeitweise am Gipfeltreffen der EUStaatsund Regierungschefs teilnahm. Die Ukraine benötige Munition, Langstreckenraketen und moderne Luftwaffe – also Kampfjets –, erklärte er. Die Zusammenarbeit bei der Waffenhilfe müsse dynamischer werden. In bilateralen Gesprächen mit einzelnen Regierungschefs erörterte Selenskyj den dringenden Wunsch nach Kampfflugzeugen. Es gebe positive Signale einiger Regierungschefs, die Waffen einschließlich der Flugzeuge zu liefern. Zeitgleich wurde ein Interview bekannt, in dem Selenskyj sich abermals kritisch zur Bundesregierung äußert: Wegen der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern sei die Beziehung zu Deutschland in einer „schwierigen Phase“, sagte er dem „Spiegel“und „Le Figaro“. Mit Blick auf Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte er: „Ich muss Druck machen, der Ukraine zu helfen und ihn ständig überzeugen, dass diese Hilfe nicht für uns ist, sondern für die Europäer.“