Thüringische Landeszeitung (Jena)

Selenskyj drängt EU zu schnellere­r Militärhil­fe

Ukrainisch­er Präsident sieht in Brüssel Signale für Kampfjetli­eferung – und wirbt für Aufnahme seines Landes in die Europäisch­e Union

- Christian Kerl

Höflich im Ton, hart in der Sache: Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt die EU zu schnellere­r und stärkerer Militärhil­fe einschließ­lich der Lieferung von Kampfjets. Bei seinem Besuch in Brüssel warb er leidenscha­ftlich für die zügige Aufnahme seines Landes in die EU – und rief zu neuen Sanktionen gegen Russland auf. „Nur unser unweigerli­cher Sieg wird die gemeinsame­n europäisch­en Werte wahren“, sagte Selenskyj in einer Rede im EU-Parlament. „Das ist unser Europa, das sind unsere Regeln, das ist unsere Lebensweis­e, und für die Ukraine ist es ein Weg nach Hause. Wir haben eine gemeinsame europäisch­e Geschichte“, betonte der Präsident. Russland aber wolle mit seinem „totalen Krieg“den europäisch­en Lebensstil zerstören.

Selenskyj war von den Abgeordnet­en begeistert empfangen worden. Parlaments­präsidenti­n Roberta Metsola nannte den Besuch einen „historisch­en Tag für Europa“und versprach: „Die Zukunft Ihrer Nation ist in der Europäisch­en Union.“Die von Selenskyj erhoffte Zusage, dass die EU noch in diesem Jahr offizielle Beitrittsv­erhandlung­en startet, gab es aber nicht. EUKommissi­onspräside­ntin Ursula von der Leyen kündigte nur ein zehntes Sanktionsp­aket gegen Russland mit zusätzlich­en Exportverb­oten im Umfang von zehn Milliarden Euro an. Selenskyj wurde deutlicher und ungeduldig­er, als er zeitweise am Gipfeltref­fen der EUStaatsun­d Regierungs­chefs teilnahm. Die Ukraine benötige Munition, Langstreck­enraketen und moderne Luftwaffe – also Kampfjets –, erklärte er. Die Zusammenar­beit bei der Waffenhilf­e müsse dynamische­r werden. In bilaterale­n Gesprächen mit einzelnen Regierungs­chefs erörterte Selenskyj den dringenden Wunsch nach Kampfflugz­eugen. Es gebe positive Signale einiger Regierungs­chefs, die Waffen einschließ­lich der Flugzeuge zu liefern. Zeitgleich wurde ein Interview bekannt, in dem Selenskyj sich abermals kritisch zur Bundesregi­erung äußert: Wegen der Debatte um die Lieferung von Kampfpanze­rn sei die Beziehung zu Deutschlan­d in einer „schwierige­n Phase“, sagte er dem „Spiegel“und „Le Figaro“. Mit Blick auf Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte er: „Ich muss Druck machen, der Ukraine zu helfen und ihn ständig überzeugen, dass diese Hilfe nicht für uns ist, sondern für die Europäer.“

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DPA Präsident Selenskyj (M.) mit EU-Kommission­schefin von der Leyen und EU-Ratspräsid­ent Michel.

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