Thüringische Landeszeitung (Jena)
Ein Pilotprojekt
Badminton: Zwölf Nationspieler mit geistiger Beeinträchtigung gastieren für Turnier in Jena
Jena. David Bußmann stand der Sinn nach einer Stärkung. Er verspürte Hunger. Sein Akku war leer.
Dass dem Badmintonspieler von der Wolfsburger Lebenshilfe der Magen knurrte, war sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass er ein paar Minuten zuvor noch am Netz in der Pflicht stand – und zwar im Finale des Turniers für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Beeinträchtigung, das am vergangenen Samstag in der Dreifelderhalle des Jenaer Sportgymnasiums ausgetragen wurde und bei dem der Thüringer Badmintonverband, der SV GutsMuths Jena und Special Olympics Thüringen (SOT) federführend waren. Mit seinem Mitstreiter Stefan Drehmann vom SV GutsMuths Jena lieferte sich Bußmann in der Kategorie Unified ein gar spannendes Duell mit einem Team, das ebenfalls für die Wolfsburger Lebenshilfe auflief. In besagter Unified-Kategorie wiederum bildeten stets ein Athlet mit einer Beeinträchtigung und einer ohne Beeinträchtigung eine Einheit.
Konnte das Doppel aus Wolfsburg und Jena den ersten Satz recht deutlich für sich entscheiden, gestaltete sich der zweite – zumindest gen Ende – um einiges spannender,
da das reine Wolfsburg-Doppel mehr als nur einmal einen Satz- und damit auch Spielball ihres Gegenübers abwehren konnte. Nichtsdestotrotz, am Ende triumphierten David Bußmann und Stefan Drehmann mit 23:21.
„Es war ein anstrengendes Finale, aber ich bin sehr glücklich über meinen Sieg“, resümierte David Bußmann, der zum Kader des Special Olympics Teams Deutschland gehört. Seit nunmehr 15 Jahren widme er sich dem Sport, sagte der Wolfsburger. Besonders die Bewegung schätze er an ihm, aber auch das mit ihm einhergehende Reisen. „Man kommt rum und sieht andere Städte“, schwärmte der 33-Jährige.
Zwölf Nationalspieler – darunter fünf aus Thüringen – mit geistiger Beeinträchtigung, die allesamt im Juni an den World Games in Berlin teilnehmen werden, griffen am Samstag in das Wettkampfgeschehen rund um Schläger, Ball und Netz ein. Zu jenen zwölf Athletinnen und Athleten gesellten sich 17 weitere, die nicht nur an dem Turnier in Jena als solches teilnahmen, sondern auch einen Lehrgang zum Linienschiedsrichter absolvierten, um bei den Spielen im Juni in der Hauptstadt das Dargebotene im Auge zu behalten.
Bei dem Unterfangen am Samstag handle es sich um ein Pilotprojekt, betonte indes Christoph Jury, seines Zeichens Geschäftsführer des Thüringer Badmintonverbandes (TBV) und Präsidiumsmitglied des SV GutsMuths Jena, der auch darauf verwies, dass seit 2021 eine Kooperation zwischen dem Verband des Freistaates und dem Team Special Olympics Thüringen (SOT) bestehe. Neben der rein sportlichen Dimension sowie dem Inklusionsgedanken gehe es vor allem auch darum, Berührungsängste abzubauen. „Für viele bei uns im Verein war das eine völlig neue Erfahrung, da sie noch nie mit Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung zusammengearbeitet haben“, sagte Christoph Jury.
In Thüringen sei Badminton bei Menschen mit einer Beeinträchtigung derzeit noch eine Randsportart,
betonte indes Christoph Köhler, Geschäftsstellenleiter von Special Olympics Thüringen. Tischtennis und Schwimmen seien die präferierten Sportarten, Badminton hingegen befinde sich im Aufbau und zähle 15 Athletinnen und Athleten, die sich der Disziplin verschrieben haben, führte Köhler weiter aus.
Für Stefan Drehmann, der sich als Trainer beim SV GutsMuths einbringt, war die Interaktion mit einem geistig beeinträchtigen Menschen indes nicht gänzlich neu. Er habe sie zwar noch nie in sportlicher Hinsicht erlebt, habe aber während seines Zivildienstes in Weimar mit Beeinträchtigten zusammengearbeitet. „Das reine Spiel hat sich jetzt nicht großartig anders angefühlt“, sagte der 37-jährige Softwareentwickler aus Jena, der jedoch auch darauf verwies, dass das Regelwerk beim Unified besage, dass die Spieler ohne Beeinträchtigung Rücksicht auf jene mit einer solchen nehmen sollen und nicht auf Teufel komm raus alles abrufen.
Und David Bußmann? Er wollte sich nach dem harten Wettkampftag noch ein wenig Jena anschauen. Darauf freue er sich am meisten, sagte der Nationalspieler, der auch sein Ziel für die Spiele in Berlin verriet: Im Einzel wolle er eine Medaille holen. Definitiv.