Thüringische Landeszeitung (Jena)
Tanzeinlage auf den Tischen
Ex-Weltmeisterin Simone Greiner-Petter-Memm über eine ungewöhnliche WM-Party 1996 und sechs olympische Strafrunden zwei Jahre zuvor in Lillehammer
Suhl. Bewegung ist ihr Lebenselixier. Deshalb hat Simone GreinerPetter-Memm auch kein Mitleid mit den Biathletinnen, die sich nun zur Weltmeisterschaft wieder den Birxstieg hinauf kämpfen müssen. Im Gegenteil. „Ich quäle mich gerne und würde da ganz gerne selbst mal wieder hochlaufen“, sagte die einstige Biathletin als Gast der Talkreihe „Helden des Biathlons“im Suhler Congress-Centrum.
Im Augenblick jedoch ist die Waldauerin seit vier Wochen gefangen in die Schulter schützenden Schlingen, nachdem sie sich einer Operation unterziehen musste. Als Leiterin
der Staatlichen Grundschule in Eisfeld verzichtet sie deshalb momentan auf den Sportunterricht, steht neben Mathe im Augenblick beim Werken vor den Kindern.
So engagiert sie nun die Schüler auf das Leben vorbereitet, so ernst nahm sie einst ihre sportliche Entwicklung. Geprägt durch ihre Trainer Helmut Rothämel und Henner Misersky kann die 55-Jährige inzwischen auf eine ungewöhnliche Karriere zurückblicken. Als Skilangläuferin wurde sie Weltcupsiegerin und Olympia-Fünfte bei den Winterspielen 1988 in Calgary. Aber in den Wirren der Wende und nach der Geburt ihrer Tochter schien die Karriere schon wieder zu Ende – mit 23.
Eigentlich. Denn als 1992 die Frauen endlich ihre olympische Biathlon-Premiere feiern durften, kehrte auch Greiner-Petter-Memm neben ihrer Ausbildung an der Pädagogischen
Hochschule in Erfurt nach zweijähriger Pause in den Leistungssport zurück. So erlebte sie bei den Winterspielen 1994 in Lillehammer an der Seite von Antje Harvey, Petra Behle und Uschi Disl den denkwürdigsten Wettkampf ihrer Karriere. Auf Position drei laufend, traf sie bei 16 Versuchen nur vier Scheiben, musste sechsmal durch die Strafrunde. „Ich bin noch immer traurig über diesen Tag. Aber ich habe gelernt, damit zu leben“, sagte sie lächelnd.
Eine Erinnerung an jene Momente hat sich fest eingebrannt: „Ich hatte eiskalte Hände.“Zwar landete damals die deutsche Staffel fast vier Minuten hinter den Russinnen, aber ihre starke Laufleistung sicherte immerhin noch die Silbermedaille, die Schlussläuferin Behle vor Frankreich letztlich behauptete: „Heutzutage würde man mit sechs Strafrunden keine Staffelmedaille mehr gewinnen.“
Bis zum Karriereende noch fünf WM-Goldmedaillen gewonnen
Dennoch konnte Greiner-PetterMemm später ihren Frieden schließen, holte mit Staffel und Mannschaft vor ihrem Karriereende im Jahre 2000 noch fünf WM-Goldmedaillen. Gerne denkt sie zurück an jene Zeit. Heute völlig undenkbar, wie zur Weltmeisterschaft im Februar 1996 in Ruhpolding der Staffelsieg
bejubelt wurde: „Wir haben abends gemeinsam mit den Fans im Partyzelt auf den Tischen die Goldmedaille gefeiert.“
Trotz des missglückten WMStarts mit Rang sechs in der MixedStaffel glaubt sie fest daran, dass die deutsche Mannschaft eine erfolgreiche Heim-Weltmeisterschaft bestreiten kann. Aus ihrer Sicht könnte schon am Freitag zum Sprint der Frauen die erste Medaille gefeiert werden. Erste Anwärterin ist für sie Denise Hermann-Wick: „Sie ist in starker Form. Vielleicht holt sie sogar Gold.“Dazu müsste allerdings auch am Schießstand alles glatt laufen. Wer wüsste das nicht besser als Simone Greiner-Petter-Memm.