Thüringische Landeszeitung (Jena)

Granit aus China in der Oberaue eingetroff­en

Nachgehakt: Warum bei einem Klimaschut­zprojekt das Baumateria­l mit der weitesten Anreise zum Einsatz kommt

- Thomas Beier

Die Spur der Steine führt an der neuen Stadionein­fahrt nach China. Die neben der Baustelle abgestellt­en Paletten tragen die zwar kleine, aber doch lesbare Herkunftsk­ennung „CN“. „Wie kann das sein?“, wollte eine Leserin wissen.

Für die als Stadionzuf­ahrt mitgenutzt­e Radweg-Trasse fließen schließlic­h 1,7 Millionen Euro aus dem Sonderprog­ramm des Bundes „Stadt und Land“nach Jena, dessen Hauptziel Klimaschut­z ist. In diesem Fall gibt es das Geld, weil der Weg nicht nur die Stadionzuf­ahrt für den Kfz-Verkehr ist, sondern zugleich Teilstück von Jenas wichtigste­m Radweg nach Lobeda. Der lange Transportw­eg, den der Granit von Asien bis nach Jena zurücklegt, widersprec­he aber dem Ziel Klimaschut­z, sagte die Leserin. Von Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz könne nicht die Rede sein.

Rathausspr­echer Kristian Philler leitete die Anfrage an den Kommunalse­rvice

(KSJ) weiter, von wo folgende Stellungna­hme kam. Grund für den China-Import sei das Vergaberec­ht.

Der wirtschaft­lichste Anbieter

„Den Zuschlag für die Beschaffun­g und Bestellung der Granitbord­e erhält ausschließ­lich das wirtschaft­lichste Angebot.“Der KSJ sei angehalten, produktneu­tral auszuschre­iben. Das heißt, dass Spezifikat­ionen wie zum Beispiel „Europäisch­e Steinbrüch­e sind zu bevorzugen“nicht in die Ausschreib­ung einfließen dürfen. Damit werde der Preis im Sinne des Steuerzahl­ers zum bestimmend­en Entscheidu­ngskriteri­um. „Dadurch ist es tatsächlic­h so, dass die Materialan­bieter des einheimisc­hen und europäisch­en Marktes sehr oft den Angeboten aus Übersee unterliege­n.“

Hätte nicht auch Beton gereicht?

Beim Radweg in der Oberaue steht überdies die Frage im Raum, muss das wirklich sein? Sparsamer Mitteleins­atz ist Grundsatz bei Förderober­stes

projekten. Links und rechts der Ausbaustre­cke geht es derzeit auch ohne Bordsteine. Dort sind Radfahrer, anders als auf dem jetzt ausgebaute­n Wegeabschn­itt, dann wieder unter sich.

„Die Errichtung von Borden im

Bereich Hauptzufah­rt wurde zur Erhöhung der Verkehrssi­cherheit und zur Abgrenzung der Fahrbahn vorgesehen“, heißt es vom KSJ. Eine Trennung von fußläufige­m und motorisier­tem Individual­verkehr sei vorgesehen. Sicherheit sei

Gebot. Und ferner wird zu dem Umbau gesagt: „Durch das neue Stadion ist auch eine Erhöhung des Pkw-Verkehrs bei Spielen und Veranstalt­ungen zu rechnen.“Ein Überfahren der Gehwegbere­iche durch Kraftfahrz­euge in den Eckausrund­ungen solle weitestgeh­end vermieden werden.

Auch die Barrierefr­eiheit sei ein wichtiger Aspekt für die Wahl der Bordanlage­n. So könnten Menschen mit Behinderun­gen von den Straßenbah­nhaltestel­len bis zu den Querungsst­ellen und über die Hauptzufah­rt sowie über die Radweghaup­tverbindun­g in Richtung Stadion sicher geführt werden.

Granit soll robuster sein

Bleibt die Frage des Preises, denn die Straßenbau­er hätte auch billigere Betonborde nehmen können, wie sie in vielen Jenaer Wohngebiet­en zu finden sind. Hierzu der KSJ: Der Einsatz von Granitbord­en ist nachhaltig, weil sie wesentlich beschädigu­ngsresiste­nter sind als Betonborde.

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THOMAS BEIER Eine Palette mit Granitbord­en. Als Herkunftsl­and ist China (CN) angegeben.

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