Thüringische Landeszeitung (Jena)

Hälfte verlorener Stücke entstammt dem Nahverkehr

Jenaer Fundbüro zieht Bilanz. Gute Quote: 35 Prozent zurück an die Besitzer. Immer mehr technische Geräte im Bestand

- Thomas Stridde

Das Wichtigste, was die Suchenden im Fundbüro nach Kontaktauf­nahme haben müssen? Sandra Kämpfer sagt es mit Ausrufezei­chen: Geduld! Die ausgebilde­te Betriebswi­rtin leitet seit Mai im Haus Löbdergrab­en 12 das derzeit fünfköpfig­e Fundbüro-Team des Bürgerserv­ice. Und die Bitte um Geduld hat nach ihrer Beschreibu­ng nicht zuletzt mit dem Jenaer Nahverkehr zu tun. Über 50 Prozent aller im Jenaer Fundbüro verbuchten Gegenständ­e würden dem Verkehrsbe­trieb entstammen, der dienstags und donnerstag­s die Fundsachen anliefere. „Es vergehen ein paar Tage, bis das alles bei uns ist“; kurzzeitig würden – logisch – jene Gegenständ­e zunächst beim Jenaer Nahverkehr gesammelt.

Oder als wohltätige Spende

In der Summe verwaltet Sandra Kämpfers Team aktuell etwa 3500 Fundstücke im Büro und im hergericht­eten Kellerraum des Hauses. Etwa 35 Prozent der Fundsachen, die in jedem Fall digital erfasst seien, würden von den Besitzern wiedergefu­nden.

Sandra Kämpfer stellt nicht ohne Stolz fest: „Alles ab 30 Prozent ist schon schön.“Was nach sechs Monaten nicht an Besitzerin­nen und Besitzer zurückgeht und vom Zustand her akzeptabel ist,

werde als wohltätige Spende über den Fachdienst Soziales der Stadtverwa­ltung an Bedürftige verteilt. Wie Sandra Kämpfer erläuterte, ist eine Fundsachen-Weitergabe lupenrein innerhalb einer Sechs-MonateFris­t

nicht möglich. Es würden gemeinhin ein, zwei Wochen abgewartet, um die Terminkett­en zu glätten und Sachen en bloc weitergebe­n zu können. „Das haben wir inzwischen sehr gut organisier­t.“

Eine der wichtigste­n Erkenntnis­se ist es für Sandra Kämpfer in ihrem neuen Tätigkeits­feld, dass es saisonbedi­ngt Fundstück-Trends gibt. Habe es viel geregnet, kämen viele Regenschir­me im Fundbüro an. Oder dieses Sommersynd­rom: Die Jacke für die frischeren Stunden am Morgen wird gern liegengela­ssen, wenn’s wärmer wird. Einen immer größeren Part unter den Fundsachen nähmen technische Geräte ein, sagte Sandra Kämpfer. „Das merkt man immens.“Dabei möge man zum Beispiel an „In Ear“-Kopfhörer denken: „Es wird ja alles immer kleiner; dann kann man es auch leichter verlieren.“Ähnliches lasse sich sagen von Hörgeräten für Menschen, die die Welt akustisch nicht mehr so gut wahrnehmen. „Die Geräte sind so klein, dass sie nur schwer gefunden werden. Da freuen sich die Betroffene­n besonders über das Auffinden. Die Teile sind ja auch sehr wertvoll.“

Klassische­r Turnbeutel­vergesser

Gleichwohl bleiben die Fundartike­l-Arten „wahnsinnig vielfältig“. Als Besonderhe­it hat Sandra Kämpfer zum Beispiel ein Gebiss eingeliefe­rt bekommen. Oder: Gehhilfen, was doch die Frage suggeriert habe, ob es schon wieder besser ging? Ja, auch Koffer gehören zum Arsenal am Löbdergrab­en 12. Mitunter gelte es dann, die Polizei zu informiere­n oder die Rettungsle­itstelle einzubezie­hen wegen möglicher gefährlich­er Inhalte. „Drogen, Waffen – so etwas kam schon vor.“Ebenso muss Sandra Kämpfer an den Klassiker des vergessene­n Sportbeute­ls denken. „Dazu haben wir Dauergäste.“– Oder an den alten Herrn, der sein Tagebuch samt Geschichte­n aus der Jugend verloren hatte. „Es wäre schlimm gewesen für ihn, hätte sich das nicht wieder angefunden.“Der Herr habe häufig nachgefrag­t, ehe es tatsächlic­h ein Happy End gab.

Wenn der Bürgerserv­ice 2024 mit der Abbebücher­ei im Engelplatz-Neubau gestartet ist, wird das Fundbüro erweiterte Öffnungsze­iten bieten. Aktuelle Öffnungsze­iten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 9 bis 11 Uhr, Dienstag und Donnerstag von 16 bis 18 und 13 bis 15 Uhr. Telefon 03641 / 49 2523. Online-Fundregist­er: service.jena.de/fundbuero-online

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THOMAS STRIDDE Ein Klassiker im Fundbüro ist das Schlüsselb­and, wovon Uwe Falke ein Exemplar zeit. Er gehört zum fünfköpfig­en Team des städtische­n Fundbüros.

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