Thüringische Landeszeitung (Jena)
„Mein Groll ist groß“
Bis zur 28. Minute war die Fußball-Welt bei Thüringenligist Schott Jena gegen Wacker Nordhausen noch in Ordnung
Sabri Vaizov ballte die Faust – es war die Faust des Siegers, auch wenn er in jener 83. Minute selbst nicht in Erscheinung getreten war. Doch das spielte keine Rolle: Der Keeper von Wacker Nordhausen präsentierte sie stellvertretend für seinen Teamkollegen Robert Knopp, der in besagtem Moment auf der gegenüberliegenden Seite – gefühlte Lichtjahre von Vaizov entfernt – erfolgreich war: Er markierte das 3:0 für die Gäste – es war die endgültige Entscheidung an jenem 23. Spieltag der Thüringenliga: Der Torschütze wusste es, Sabri Vaizov wusste es, die mitgereisten WackerSchlachtenbummler sowieso, aber auch die Kicker und Trainer des SV Schott Jena wussten diesen Treffer einzuordnen, allen voran Keeper und Kapitän Alexander Glaser. Nachdem er zum dritten Mal überwunden wurde, blieb er gleich einem Boxer, der auf die Bretter geschickt wurde, für eine kleine Ewigkeit mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Grün von Platz sechs in der Oberaue liegen …
Die Crux der Niederlage für die Glaswerker: Ab der 28. Minute griffen sie nur noch zu zehnt in das Geschehen auf dem Platz ein, da Florian
Nieswandt wegen – vermeintlichen – Nachtretens die Rote Karte sah. Für Schott-Trainer Christian Kummer war besagte Entscheidung des Unparteiischen der Schlüsselmoment der Begegnung: „Ich finde nicht, dass es eine Rote Karte war – man kann sicherlich Gelb geben und die anschließende Rudelbildung bewerten, aber nicht direkt Rot und damit ein ganzes Spiel, mehr oder weniger, kaputtmachen.
Das war einfach nur bitter! Wir waren heute keinen Deut schlechter als Nordhausen, doch natürlich war es in Unterzahl massiv schwer gegen eine ehemalige OberligaTruppe; insbesondere, nachdem sie nach einer Ecke das erste Tor erzielt hatten. Spätestens nach dem zweiten Gegentor gingen bei uns dann auch die Köpfe runter – da hat dann keiner mehr an ein Unentschieden oder gar einen Sieg geglaubt“, resümierte Christian Kummer. Und der Schott-Trainer legte sich fest: Florian Nieswandt habe nicht nachgetreten. „Es war ein Allerweltsfoul, ein taktisches Foul, doch der Schiedsrichter hat es derart ausgelegt, dass er seinen Gegenspieler hinterrücks getreten haben soll – nach meinem Kenntnisstand hatte er diese Meinung exklusiv.“
Wacker-Coach Ingo Görke bestritt nicht, dass der frühe Platzverweis von Florian Nieswandt die Verhältnisse auf dem Rasen gar ungemein zu Gunsten seines Teams verschoben habe – natürlich. Er gab aber auch zu bedenken, dass in diesem konkreten Fall die Rote Karte womöglich nicht die glücklichste Entscheidung des Unparteiischen gewesen sei. „Daraufhin musste Schott reagieren – sie präsentierten sich defensiver. In der zweiten Halbzeit haben wir dann sehr souverän agiert – das sah richtig gut aus, gerade in der Verteidigung“, resümierte der FSV-Trainer, der auch daran erinnerte, dass Keeper Sabri Vaizov mit Schmerzen in seiner Schulter aufgelaufen sei.
Sein Team und er seien zudem mit Respekt angereist. Schott sei zweifelsohne ein starkes Team, betonte Ingo Görke und erinnerte an den Sieg der Saalestädter über Wismut
Gera vor zwei Wochen. „Das war ein eindrucksvoller Beleg dafür, wozu sie in der Lage sind.“
Bis zur 62. Minute gelang es den Gastgebern, die Unterzahl zu kompensieren, dann erzielte Dimitar Milushev das 1:0. Nur zehn Minuten später (72.) war Wacker-Kapitän Felix Schwerdt mit dem 2:0 für Nordhausen erfolgreich.
An Christian Kummer wiederum ging die Niederlage nicht spurlos vorbei: Der Schott-Trainer ist ein besonnener Zeitgenosse, dem Kraftausdrücke und polterndes Verhalten fremd sind. Aufrichtige Freude über Siege wechselt sich mit nach innen gerichteter Enttäuschung über Niederlagen ab – gleich einem Gentleman beschwört er in beiden Gemütslagen stets das Mittelmaß; es gibt kaum Ausschläge auf der emotionalen Richterskala.
Am Samstagnachmittag präsentierte er jedoch eine neue Facette: Er war verbittert – blieb aber auch in dieser Lage sachlich. Doch zwischen den Zeilen konnte man besagte Verbitterung, die natürlich mit der Entscheidung des Unparteiischen einherging, immer wieder vernehmen. „Das bin ich auch. Mein Groll ist groß“, sagte der Schott-Trainer und zog anschließend von dannen.