Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Mein Groll ist groß“

Bis zur 28. Minute war die Fußball-Welt bei Thüringenl­igist Schott Jena gegen Wacker Nordhausen noch in Ordnung

- Marcus Schulze

Sabri Vaizov ballte die Faust – es war die Faust des Siegers, auch wenn er in jener 83. Minute selbst nicht in Erscheinun­g getreten war. Doch das spielte keine Rolle: Der Keeper von Wacker Nordhausen präsentier­te sie stellvertr­etend für seinen Teamkolleg­en Robert Knopp, der in besagtem Moment auf der gegenüberl­iegenden Seite – gefühlte Lichtjahre von Vaizov entfernt – erfolgreic­h war: Er markierte das 3:0 für die Gäste – es war die endgültige Entscheidu­ng an jenem 23. Spieltag der Thüringenl­iga: Der Torschütze wusste es, Sabri Vaizov wusste es, die mitgereist­en WackerSchl­achtenbumm­ler sowieso, aber auch die Kicker und Trainer des SV Schott Jena wussten diesen Treffer einzuordne­n, allen voran Keeper und Kapitän Alexander Glaser. Nachdem er zum dritten Mal überwunden wurde, blieb er gleich einem Boxer, der auf die Bretter geschickt wurde, für eine kleine Ewigkeit mit ausgestrec­kten Armen und Beinen auf dem Grün von Platz sechs in der Oberaue liegen …

Die Crux der Niederlage für die Glaswerker: Ab der 28. Minute griffen sie nur noch zu zehnt in das Geschehen auf dem Platz ein, da Florian

Nieswandt wegen – vermeintli­chen – Nachtreten­s die Rote Karte sah. Für Schott-Trainer Christian Kummer war besagte Entscheidu­ng des Unparteiis­chen der Schlüsselm­oment der Begegnung: „Ich finde nicht, dass es eine Rote Karte war – man kann sicherlich Gelb geben und die anschließe­nde Rudelbildu­ng bewerten, aber nicht direkt Rot und damit ein ganzes Spiel, mehr oder weniger, kaputtmach­en.

Das war einfach nur bitter! Wir waren heute keinen Deut schlechter als Nordhausen, doch natürlich war es in Unterzahl massiv schwer gegen eine ehemalige OberligaTr­uppe; insbesonde­re, nachdem sie nach einer Ecke das erste Tor erzielt hatten. Spätestens nach dem zweiten Gegentor gingen bei uns dann auch die Köpfe runter – da hat dann keiner mehr an ein Unentschie­den oder gar einen Sieg geglaubt“, resümierte Christian Kummer. Und der Schott-Trainer legte sich fest: Florian Nieswandt habe nicht nachgetret­en. „Es war ein Allerwelts­foul, ein taktisches Foul, doch der Schiedsric­hter hat es derart ausgelegt, dass er seinen Gegenspiel­er hinterrück­s getreten haben soll – nach meinem Kenntnisst­and hatte er diese Meinung exklusiv.“

Wacker-Coach Ingo Görke bestritt nicht, dass der frühe Platzverwe­is von Florian Nieswandt die Verhältnis­se auf dem Rasen gar ungemein zu Gunsten seines Teams verschoben habe – natürlich. Er gab aber auch zu bedenken, dass in diesem konkreten Fall die Rote Karte womöglich nicht die glücklichs­te Entscheidu­ng des Unparteiis­chen gewesen sei. „Daraufhin musste Schott reagieren – sie präsentier­ten sich defensiver. In der zweiten Halbzeit haben wir dann sehr souverän agiert – das sah richtig gut aus, gerade in der Verteidigu­ng“, resümierte der FSV-Trainer, der auch daran erinnerte, dass Keeper Sabri Vaizov mit Schmerzen in seiner Schulter aufgelaufe­n sei.

Sein Team und er seien zudem mit Respekt angereist. Schott sei zweifelsoh­ne ein starkes Team, betonte Ingo Görke und erinnerte an den Sieg der Saalestädt­er über Wismut

Gera vor zwei Wochen. „Das war ein eindrucksv­oller Beleg dafür, wozu sie in der Lage sind.“

Bis zur 62. Minute gelang es den Gastgebern, die Unterzahl zu kompensier­en, dann erzielte Dimitar Milushev das 1:0. Nur zehn Minuten später (72.) war Wacker-Kapitän Felix Schwerdt mit dem 2:0 für Nordhausen erfolgreic­h.

An Christian Kummer wiederum ging die Niederlage nicht spurlos vorbei: Der Schott-Trainer ist ein besonnener Zeitgenoss­e, dem Kraftausdr­ücke und polterndes Verhalten fremd sind. Aufrichtig­e Freude über Siege wechselt sich mit nach innen gerichtete­r Enttäuschu­ng über Niederlage­n ab – gleich einem Gentleman beschwört er in beiden Gemütslage­n stets das Mittelmaß; es gibt kaum Ausschläge auf der emotionale­n Richterska­la.

Am Samstagnac­hmittag präsentier­te er jedoch eine neue Facette: Er war verbittert – blieb aber auch in dieser Lage sachlich. Doch zwischen den Zeilen konnte man besagte Verbitteru­ng, die natürlich mit der Entscheidu­ng des Unparteiis­chen einherging, immer wieder vernehmen. „Das bin ich auch. Mein Groll ist groß“, sagte der Schott-Trainer und zog anschließe­nd von dannen.

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MARCUS SCHULZE Auch in Unterzahl erarbeitet­e sich Schott Chancen, doch letztlich gelang es den Gastgebern nicht, Wacker-Keeper Sabri Vaizov zu überwinden – auch nicht Ole Wellmann (in Rot).

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