Thüringische Landeszeitung (Jena)
Wie Holzhäuser das Wohnungsproblem lösen könnten
Bei einem besonderen Bauprojekt wurde Richtfest gefeiert. Verantwortliche sind überzeugt, dass mit dieser Holzbauweise das Wohnungsproblem in Jena gelöst werden könnte
Jena. Das Vorurteil der „Schuhschachtel“höre er zwar nicht mehr, doch seien Häuser in Massivholzbauweise in Jena und Umgebung noch die Ausnahme, sagt Zimmerei-Unternehmer Steffen Ehrlich aus Hermsdorf. Zusammen mit der SABA-Jena Bau-Sanierung- & Immobilien-Verwaltungsgesellschaft baut er gerade in der Closewitzer Straße in Jena ein in den 80er-Jahren gebautes „herkömmliches“Haus um: Zwei Etagen komplett aus Brettsperrholz werden derzeit aufgestockt.
Zehn Eigentumswohnungen werden in dem vormals als Bürogebäude und zuletzt leerstehenden Haus entstehen. „Von den insgesamt 1100 Quadratmetern Wohnfläche konnten wir allein 650 durch den Holzaufbau gewinnen“, sagt Steffen Ehrlich. Mandy Kampioni, die Geschäftsführerin von SABA Jena, konnte beim Richtfest am Freitag verkünden, dass bereits die Hälfte der Wohnungen verkauft sind. Fertiggestellt werden soll das Haus Ende des Jahres, investiert werden insgesamt circa fünf Millionen Euro.
Gute Erfahrungen mit Holzhäusern
Laut Mandy Kampioni ist das Aufstocken von Bestandsgebäuden durch Massivholzbauweise ein geeigneter Weg, um die Wohnungsnot in Jena zu lindern. Der Vorteil des Bauens mit Holz sei das deutlich geringere Gewicht bei gleichzeitiger Stabilität und eine schnellere Geschwindigkeit. Aus vorherigen Projekten in der Schützenhofstraße und der Wildstraße gebe es gute Erfahrungen. „Nach fünf Jahren sind da keine Risse drin, die Bewohner sprechen von einem angenehmen Raumklima und haben eine gute Heizungsbilanz“, sagt Kampioni.
Allgemein sei die Massivholzbauweise nachhaltig, sagt Steffen Ehrlich. „Wir haben einen nachwachsenden Rohstoff, alles ist recycelbar und auch der Leimanteil – der ebenfalls ökologisch ist – liegt lediglich bei drei Prozent“, so Ehrlich. Auf das Dach des Hauses in der Close
witzer Straße bekomme zudem jeder Eigentümer seine eigene Solaranlage.
Weil die Holzwände fünflagig in einem Kreuzsystem gebaut sind, könnten sie „weder quellen noch schwinden“, sagt Ehrlich. Gerne hätte er auf das Haus in der Closewitzer Straße noch zwei weitere Etagen gesetzt. Dies lasse die Thüringer Bauordnung aber nicht zu.
Mit einem Vorurteil über Holzhäuser will Steffen Ehrlich indes aufräumen: Dass diese schneller abbrennen als Gebäude aus Stein und Stahl. Durch die Bauweise und die niedrige Wärmeleitfähigkeit des Holzes bräuchten diese sogar länger, bis sie komplett abbrennen. Dadurch sei das Brandverhalten auch für die Feuerwehr gut einzuschätzen. Wenngleich es derzeit keine konkreten Pläne gibt, will Mandy Kampioni künftig weitere Holzhaus-Projekte in Jena umsetzen. „Der Bedarf ist da, man muss da beispielsweise nur an Zeiss denken“, sagt sie. Und wegen der Tallage der Stadt und weil es „richtig ist, das Paradies nicht mit Wohnraum zuzustellen“,
komme man um das Aufstocken von Gebäuden nicht herum. Auf diesem Weg haben sie und Steffen Ehrlich allerdings eine große Sorge: den Fachkräftemangel. Steffen Ehrlich könne in seinem Acht-Mitarbeiter-Betrieb sofort vier bis fünf neue Leute – Zimmerer, Dachdecker, Trockenbauer – einstellen. „Wir werden derzeit schon sehr ausgebremst“, sagt er.
Nun liege der Fokus allerdings zunächst darauf, das Projekt in der Closewitzer Straße in guter Qualität abzuschließen. Demnächst geht es an den Einbau von Fenstern, Innenwänden, Heizung und Sanitäranlagen. Und auch eine Premiere wird es in der Closewitzer Straße noch geben: Das Haus bekommt „den ersten Fahrstuhlschacht aus Holz in Jena“, sagt Steffen Ehrlich.