Thüringische Landeszeitung (Jena)
Kein Federlesen bei Vertrauensmissbrauch
Um die Aufsichtspflichten des Oberbürgermeisters ging es im Stadtrat. Thomas Nitzsche ist mit der Begrifflichkeit „Häufung“des Fehlverhaltens vorsichtig
Um den Führungsstil des Jenaer Oberbürgermeisters ging es diese Woche im Stadtrat. Die Bündnisgrünen konstatierten: Es häufen sich leider unerfreuliche Nachrichten zu Fehlverhalten in Einrichtungen, an denen die Stadt beteiligt ist. „Mich macht das stutzig“, sagte
Ratsmitglied Heiko Knopf (Grüne) und fragte: Nimmt die Stadt ihre Aufsichtsverpflichtungen ausreichend wahr?
Nach Auffassung des OBs geht es im Kern um zwei Personen, die vereinfacht gesagt „Mist gebaut haben“, wie Nitzsche sagte. Deswegen sei er vorsichtig mit dem Begriff „Häufung“. Neben dem ehemaligen
Jenakultur-Chef ist vom langjährigen Chef des Technologie- und Innovationsstarkes (Tip) die Rede. Teilweise sei man da immer noch im „Moment des Verdachtes.“Teilweise aber auch strafrechtlich relevant. so der OB.
Im Fall des Jenakultur-Chefs wandten sich Untergebene wegen des Fehlverhaltens an den OB. Dieser
dankte beiden Personen und sagte: „Da konnte ich handeln.“Beim Tip war es wohl ein Hinweisgeber, der sein Wissen über ein mutmaßliches Fehlverhalten weitergab, das in den Aufsichtsgremien sonst nur durch „Steckdosenzählen“früher hätte erkannt werden können.
Nitzsche sagt, dass sich kein Fehlverhalten ausschließen lässt. Kern seines Führungsstils sei es, durch Vertrauen zu führen, was Kontrolle nicht ausschließe. Im Falle von Jenakultur hat auch die damalige Satzung gewisses Fehlverhalten erleichtert, weil das Vier-Augen-Prinzip nicht konsequent genug verankert war.
Warum Vertrauen und die etwas längere Leine? Weil nicht jeder Kollege
bei seiner Arbeit Angst haben soll, bei Fehlern eins auf den Deckel zu bekommen, so der OB. Da könne man auch enttäuscht werden. Aber die lähmende Alternative Kontrollitis sei noch viel schlechter. Gleichzeitig sagte er, was man auch als Warnung verstehen konnte: Wenn Vertrauen missbraucht werde, dann gebe es „kein Federlesen.“