Thüringische Landeszeitung (Jena)
Wie geht’s weiter mit Thüringen?
Der junge Kabarettist Jonas Greiner aus Lauscha zum Superwahljahr
2024 – Superwahljahr! Zumindest für Thüringen. Mindestens dreimal dürfen wir dieses Jahr wählen – je nachdem, wie die Landtagswahl ausgeht, vielleicht sogar noch öfter. Wichtige Entscheidungen stehen an für Thüringen und Deutschland: Landtagswahl, Kommunalwahl, Europawahl, Eurovision Song Contest.
Wichtig: Bitte Europawahl und ESC nicht verwechseln – auch wenn es gewisse Parallelen gibt. Beide sind ständig an einem anderen Ort und keiner kennt die deutschen Kandidaten. Der entscheidende Unterschied: Während das Eine eine Spaßveranstaltung ist, bei der man ein bisschen Verständigung zwischen den Nationen versucht, obwohl am Ende doch alle wieder nur für ihren eigenen Erfolg kämpfen, geht es beim Eurovision Song Contest wirklich um was!
Für das Bündnis Sahra Wagenknecht wird es die erste Wahl werden. Dabei ist fraglich, wie die Politik der neuen Partei auf Kommunalebene aussehen wird? Werden als erste Amtshandlung Städtepartnerschaften mit russischen Orten geschlossen? Macht Sahra Wagenknecht bald persönlich Vorschläge zum Haushalt in Eisenach? Welcher Polit-Promi läuft noch über zum BSW? Mal sehen.
Wie stabile Mehrheiten in Thüringen nach der Landtagswahl aussehen sollen, angesichts dieser zersplitterten Thüringer Parteienlandschaft?
Noch eine gute Frage. Mal sehen.
Ministerpräsident Bodo Ramelow hat darauf verwiesen, dass eine Koalition von Linken mit BSW und CDU rechnerisch möglich wäre. Inhaltlich wäre eine solche Koalition unfassbar interessant. Was im Koalitionsvertrag dieser Regierung wohl für Kompromisse zustande kämen? Vielleicht dürfte die CDU dann entscheiden, ob Waffen für den Krieg in der Ukraine geliefert werden sollen und im Gegenzug dürften BSW und Linke entscheiden, an wen. Zugegeben, ein unrealistisches Beispiel, da Thüringen selbst über keinerlei Waffen verfügt. Außer, wenn der Biathlon-Weltcup grade in Oberhof Halt macht.
Eine solche Koalition käme aber aktuell wegen der Position der CDU nicht in Frage. Deren Spitzenkandidat Mario Voigt hat erneut AfD und Linke als Koalitionspartner ausgeschlossen. Dass die Christdemokraten nicht mit den Linken koalieren wollen, liegt wohl vor allem an den älteren CDU-Mitgliedern. Die haben einfach Angst, dass sie in einer Koalition mit den Linken ihre alten Freunde wieder treffen, die sie damals in der Parteischule kennengelernt haben.
Mario Voigt setzt auf die Offensive und hat sich mit Björn Höcke im TV-Duell gemessen. Ob die Strategie aufgegangen ist und das Duell der AfD wirklich schaden konnte? Das wird sich wohl erst in den nächsten Umfragen zeigen – oder eben erst bei der Wahl. Mal sehen. Dass eine hiesige Lokalzeitung im Nachgang zum Duell eine Umfrage zur Frage „Mett oder Gehacktes?“, durchführte, zeigt zumindest, dass es aktuell noch viele Aufreger-Themen mehr gibt, als wir dachten.
AfD-Chef Höcke hat sich in der Zwischenzeit übrigens einen neuen Wahlkreis gesucht. Er wird in Greiz antreten – knapp 175 Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Ein Glück, dass der Vordenker des völkischen Gedankenguts die Autobahn gebaut hat!
Doch, was will Höcke sonst tun? In seinem Heimatwahlkreis ist die CDU traditionell so stark, dass er kaum Chancen auf ein Direktmandat hat. Das braucht er aber, um wieder in den Landtag zu kommen. Ein rein machtpolitisches Kalkül also. Waren es nicht solche Sachen, die die AfD an den „Altparteien“immer kritisiert hat?
Auch wegen Höcke und den hohen Umfragewerten der AfD blickt man deutschlandweit nervös auf die Wahl in Thüringen. Vielleicht sind diese Umfragen aber nur Momentaufnahmen und werden sich so nicht bei der Wahl bestätigen. Vielleicht müssen wir gar nicht massenweise Vomex für den Wahlabend horten und es wird gar nicht so eine große Katastrophe, wie wir jetzt befürchten. Mal sehen.
Ein starkes Zeichen markiert die Gründung des Bündnisses „Weltoffenes Thüringen“. Zahlreiche Akteure aus Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Ehrenamt und Politik bekennen sich klar zur Demokratie. Über 7000 Unterzeichner bisher – es ist noch nicht alles verloren. Das macht Hoffnung in unserem Bundesland, in dem grade so vieles ungewiss ist.
Fest steht: Thüringens Politiker müssen dafür sorgen, dass Krise und Ungewissheit beendet werden können. Wenn‘s geht ohne internationale Negativschlagzeilen, ohne fliegende Blumensträuße und ohne enormen Imageverlust. Also möglichst so, dass nach der Wahl eine Regierung gebildet werden kann, die eine Mehrheit hat, zur Demokratie steht und einen Plan für die Zukunft hat. Das ist ja hoffentlich nicht zu viel verlangt – selbst für ein Bundesland, in dem die politischen Verhältnisse derart durcheinander sind.
Wie das klappt? Mal sehen.
Thüringens Politiker müssen dafür sorgen, dass Krise und Ungewissheit beendet werden können Jonas Greiner Kabarettist aus Lauscha