Thüringische Landeszeitung (Jena)

Zweiter Schritt vorm ersten

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Stadtverwa­ltungsleut­e sagen das hinter vorgehalte­ner Hand: Dieser Stadtrat mit seiner Unmenge von „Prüfaufträ­gen“, die dann als politische­r Wille über die Verwaltung kommen! Für die „Prüfungen“fehle es aber oft an Personal, sagen die Kritiker. Und wehe, die Prüfung lässt kein Ergebnis erwarten, folglich die Prüfenden sich zur Beschäftig­ungstherap­ie verdonnert fühlen.

Vielleicht hat die Mehrheit des Stadtrates jüngst während der letzten Legislatur-Sitzung am populären Beispiel bissel Mitgefühl für die geschlauch­ten Prüfer empfunden.

Gemeint ist der von den Grünen vor der Pandemie bereits entwickelt­e und jetzt gemeinsam mit der SPD aufgemöbel­te Antrag, die leerstehen­de Ratszeise auf Eignung als Markthalle prüfen zu lassen. Bei fünf Einzelantr­ägen zum Thema richtete die Mehrheit die Daumen nach unten: Markthalle als Impulsgebe­r für den „Grünen Mark“prüfen; Möglichkei­t der Direktverm­arktung für Bauernscha­ft und Erzeugerge­meinschaft­en prüfen; die Nutzung der Zeise durch Anbieter vom „Grünen Markt“prüfen; Eignung für abendliche Kultur und Kleinkunst prüfen; Ergebnisse im Konzept „Märkte und Feste“aufnehmen.

Grundlegen­d wird es die Ratsmehrhe­it wohl gesehen haben: Der „Prüfungsst­ress“wäre ein zweiter Schritt vor dem ersten gewesen. Überfällig ist nämlich die grundhafte energetisc­he Sanierung des gesamten Rathauses, samt Zeise. Nur muss die Stadt nach erster erfolglose­r Antragsrun­de noch abwarten, ob und wann wichtige Förder-Milliönche­n für die Sanierung fließen. Das heißt doch nicht, dass weitere kreative Zwischennu­tzungen wie aktuell der Po-up-Laden ins Spiel kommen können. Aber richtig schlau ist man erst nach dem Bau. Dann kann man prüfen, womit sich die Ratszeise ewig bindet.

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Thomas Stridde über die Prüferitis im Jenaer Stadtrat

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