Thüringische Landeszeitung (Jena)
Abschied aus dem Jenaer Stadtrat
Überraschungsbesuch mit Jagertee: Nach 34 Jahren erhielt Reinhard Wöckel einen besonderen Dank im Rathaus. Auch Johanna Hübscher gehört dem Stadtrat so lang schon an
Jena. Mit Reinhard Wöckel hat sich in dieser Woche Jenas dienstältester Stadtrat im Rathaus verabschiedet. Zu seiner letzten Ratssitzung erhielt der Politiker der Linken den Dank des Oberbürgermeisters und den seiner Kolleginnen und Kollegen.
Ganz überraschend bekam er auch ein Dankeschön von denjenigen, für die er sich in den letzten Jahren teils unbequem einsetze: Vertretern von Bürgergruppen und Initiativen wie Kleingärtner, Garagenverein oder der Initiative für den Erhalt des Eichplatzes als Festplatz. Diese brachten Blumen sowie ein Körbchen mit Obst, Marmelade und Jagertee.
Als Wöckel davon hörte, dass in dieser Sitzung etwas auf ihn zukommt, reagierte er zunächst zurückhaltend. „Ach Mensch, macht nicht so eine Brühe“, sagte er. Er habe diese ehrenamtlich Arbeit immer sehr gern gemacht. „Für mich war Jena die Bürgerschaft und die Bürgerschaft war Jena.“Außerdem wies er darauf hin, dass es mit Johanna Hübscher, ja eine Stadträtin gibt, die ebenfalls gleich nach der politischen Wende ins hohe Haus kam und ihm bis heute angehört. Um Nachsicht bat er „den ein oder anderen“, den er im Rathaus aufs Bein getreten habe. Das Engagement für Bürgerinitiativen sei „aus ihm heraus so gekommen“.
Kurzzeitig musste er mit den Tränen kämpfen, als er darauf zu sprechen kam, was Stadtratsarbeit auch bedeutete. Viel Zeit einsetzen, wofür wiederum seine Frau und die Familie Verständnis aufbringen mussten. Fürs Rückenstärken danke er.
OB Thomas Nitzsche (FDP) verriet bei seinem Dank an Wöckel, dass er sich als Jungpolitiker von ihm auch etwas abgeschaut hatte: nämlich dessen Sitzungsleitung im Ausschuss für Stadtentwicklung, den Wöckel eine Zeit lang leitete. Er
habe ihn immer als extrem besonnenen, immer abwägenden Kollegen erlebt, mit dem man aber auch nach streitbaren Themen „sehr angenehm das Wort führen“konnte.
Reinhard Wöckel nannte für seinen Rückzug mehrere Gründe, darunter gesundheitliche. Als die Frage auftauchte, ob er ein achtes Mal kandidieren wolle, hatte er ganz fest die Hände hinter dem Rücken zusammengelegt, um nicht doch die Hand zu heben. Johanna Hübscher
(CDU) wiederum hob noch einmal die Hand und kandidiert erneut für den Stadtrat. Sie habe so viele Erfahrungen seit 1990 gemacht, die sie gern weitergeben wolle. Die emeritierte Sportmedizin-Professorin räumte ein, dass es manchmal gar nicht so einfach sei, die Jugend – von der Sprache her – zu verstehen. Aber dafür hat man ja zum Glück Kinder und Enkel.
Den Dank des Oberbürgermeisters erhielt auch sie.