Thüringische Landeszeitung (Jena)

60 Jahre Ehe und ein Leben wie ein Roman

Das Ehepaar Kirchner beging am Sonntag die diamantene Hochzeit: Wie Egon buchstäbli­ch in Monikas Leben rutschte und was das ehemalige „Monsun“am Holzmarkt mit dem Mauaer Paar verbindet

- Jördis Bachmann

Jena. In der frühlingsh­aften Idylle des Gartens sitzen Monika (80) und Egon (82) Kirchner und lauschen dem Trompeten-Ständchen von Manfred Röse, der Organist in Maua ist. Das Paar feiert den diamantene­n Hochzeitst­ag und Egon Kirchner weiß noch ganz genau, wie er Monika am 17. Februar 1962 kennenlern­te: „Das war beim Fasching in der Mensa am Philosophe­nweg“, sagt er. Er sei eine Rutsche hinunterge­rutscht und unten standen zwei junge Frauen, eine Bogenschüt­zin und eine im Petticoat. Egon wusste gleich, die im Petticoat soll es sein. Und so kam es auch.

Das erste Mal fliegen und das erste Mal Ausland

Geheiratet wurde zwei Jahre später auf dem Standesamt in Jena. Egon stammte eigentlich aus Körner bei Mühlhausen. Monika aus JenaMaua. In Jena hielt sich Egon seit 1960 auf, als er an der Arbeiter- und Bauernfaku­ltät studierte. Später versuchte er es in Berlin an der Humboldt-Universitä­t, kam aber letztlich zu Zeiss nach Jena in den „Bereich Datenverar­beitung“. Monika arbeitete als Kindergärt­nerin und erinnert sich noch heute etwas enttäuscht daran, dass sie am Hochzeitst­ag verfrüht getraut wurden und so die Kindergart­enkinder, die eigentlich ein Ständchen einstudier­t hatten, das Paar am StandesDas

amt verpassten. 1966 wurde Tochter Susanne geboren, vier Jahre später folgte Sohn Thomas. 1977 wurde Egon nach Indonesien delegiert. Er zeigt seinen damaligen Diplomaten-Ausweis und war in der sogenannte­n kommerziel­len Koordinier­ung für Zeiss tätig. Sohn Thomas begleitete die Eltern, Tochter Susanne, damals 11 Jahre alt, blieb bei den Großeltern in Jena. Thomas habe die Botschafts­schule in Jakarta besuchen können. Es sei von null auf Hundert gegangen, sagt Egon Kirchner. Das erste Mal fliegen, das erste Mal Ausland. Alles war sehr

aufregend für die Jenaer Familie. Vier Jahre blieben die Kirchners in Indonesien. Bis heute gebe es freundscha­ftliche Beziehunge­n zu indonesisc­hen Familien, die man auch später immer wieder besucht habe. 1981 kehrte die Familie nach Jena zurück. Doch schon fünf Jahre später, im November 1986, sollte es für das Paar abermals in ferne Länder gehen. Tochter Susanne, mittlerwei­le 20 Jahre alt und Thomas, damals 16 Jahre, blieben in Jena. Egon wurde nach Indien delegiert, wo er in der „handelspol­itischen Abteilung“der Botschaft tätig war.

Er sollte 1990 der letzte DDR-Bürger in der Botschaft sein. Die Wende erlebte das Paar also in Indien, doch am 3. Oktober 1990 bauten die Inder aus Sperrholz und Pappe das Brandenbur­ger Tor vor der Botschaft auf. Riesig sei es gewesen, erinnert sich Egon zurück. Im Sommer 1991 kam er mit Monika in das wiedervere­inte Deutschlan­d zurück. Über einen Handelskon­takt in Indien bezog das Paar Kleidung, Kunstwaren und Teppiche aus Asien und eröffnete den Laden „Lord Krishna“in Maua, der zunächst von Monika geführt wurde.

Haus in Maua, das heute auch als Gästehaus betrieben wird, stammt aus Familienbe­sitz. Nach der Enteignung befand sich zu DDR-Zeiten in dem Gebäude der Konsum, später das Gemeindebü­ro, der Jugendclub und eine Poststelle. 1994 kauften die Kirchners das Gebäude zurück. Heute wohnen auch die Kinder hier. Fünf Enkelkinde­r gibt es mittlerwei­le.

60 Jahre Ehe reichen mindestens für zwei Bücher

Den Laden „Lord Krishna“übernahm Tochter Susanne letztlich. Sie zog 1996 mit dem Geschäft in die Wagnergass­e und 1999 schließlic­h auf den Holzmarkt, wo der Laden unter dem Namen „Monsun“bekannt war. Nach 33 Jahren schloss der Laden Anfang dieses Jahres. Der Sohn Thomas sei in die Fußstapfen des Vaters getreten und im Export-Handel tätig.

Egon Kirchner hätte noch viele Geschichte­n zu erzählen, „aber es war ja schon viel zu viel für die Zeitung“, sagt seine Frau Monika und lacht. Egon hat seine Geschichte­n in ein 520 Seiten starkes Buch gepackt und er schreibt bereits an einem zweiten.

Doch eine letzte Weisheit will er den Zeitungsle­sern noch mit auf den Weg geben: Wer eine lange Ehe führen will, der sollte bei Auseinande­rsetzungen immer erst einmal eine Nacht darüber schlafen. Das glätte meist die Wogen.

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JÖRDIS BACHMANN Monika (80) und Egon (82) Kirchner feierten am Sonntag ihre diamantene Hochzeit.

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