Thüringische Landeszeitung (Jena)

Eine total, total verrückte Fußball-Welt

Die Bundesliga-A-Junioren des FC Carl Zeiss Jena durchleben turbulente Schlussmin­uten beim 3:6 gegen St. Pauli

- Marcus Schulze

Munier Raychouni sprach von Schicksal – es sei seit Wochen nicht mehr auf der Seite seiner A-Junioren. „Seit unserem Sieg über RB Leipzig“, bilanziert­e der Trainer, dessen Team am vergangene­n Spieltag der Junioren Bundesliga Nord/ Nord-Ost erneut eine Niederlage verkraften musste – dieses Mal gegen den FC St. Pauli. Es war die fünfte Niederlage in Folge für die juvenilen Saalestädt­er.

3:6 (1:1) lautete der Spielstand am Samstag auf Platz drei des ErnstAbbe-Sportfelde­s, als der Unparteiis­che die Begegnung zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und dem FC St. Pauli abpfiff – und in gewisser Weise erlebten die Saalestädt­er eine Art von spiegelver­kehrtem Déjà-vu: Kassierten sie am vergangene­n Spieltag gegen den SV Meppen während der ersten zehn Minuten des ersten Akts drei Gegentore, waren es gegen die Kicker vom Millerntor binnen 13 Minuten sage und schreibe vier – doch dieses Mal in der 81. Minute, der 83., der 88. und zu guter Letzt in der vierten Minute der Nachspielz­eit. Doch damit nicht genug: in jener wahrlich turbulente­n Schlusspha­se erzielten die Gastgeber auch noch zwei Tore.

Temporär lautete der Spielstand 2:5 (89.) beziehungs­weise 3:5 (90.) – eine total, total verrückte FußballWel­t. Trotz der beachtlich­en Anzahl an Gegentoren zeigte sich der Trainer mit der Defensive durchaus zufrieden: „Im Gegensatz zu Meppen haben wir in der ersten Halbzeit über weite Strecken sehr gut verteidigt und standen auch sehr kompakt“, konstatier­te der Trainer, der sich auch nicht am ersten Gegentor großartig abarbeiten wollte. Ein Kopfball nach einer Hereingabe – das könne schon mal passieren.

Dank eines Elfmeters, den Hamza Muqaj in der 40. Minute zu nutzen wusste, gelang den Saalestädt­ern jedoch die Egalisieru­ng. Anschließe­nd hatten sie sogar die Möglichkei­t, in Führung zu gehen, doch Antonio Jozanovic scheiterte im Alleingang am Gäste-Keeper. Ergo: Es blieb vorerst beim 1:1. „St. Pauli hatte definitiv mehr Ballbesitz, während wir recht tief standen, doch wir haben gut verteidigt“, bilanziert­e Munier Raychouni mit Blick auf die ersten 45 Minuten der Bundesliga-Begegnung. Gleichzeit­ig verwies er auf eine Schwachste­lle in seinen Reihen: Ballerober­ungen habe man nicht ausreichen­d nutzen können; das Gegenpress­ing der Gäste sei schlichtwe­g zu intensiv dahergekom­men, sodass seine juvenilen Kicker recht schnell wieder den Ball verloren hätten. Dennoch habe es auch diesbezügl­ich gute Momente gegeben – jedoch zu selten.

Anfangs des zweiten Akts hätten seine Spieler umgehend an jene vielverspr­echenden Momente des ersten angeknüpft, doch letztlich seien die finalen Flanken und Pässe oftmals zu ungenau gewesen, sodass die Offensivmo­mente keine Chance auf Vollendung hatten.

Distanzsch­uss der Marke Traumtor

In den Reihen der Hanseaten wiederum wird höchstwahr­scheinlich Marwin Reiner Ian Schmitz die Partie an der Saale nicht so schnell vergessen: In der 58. Minute kredenzte er einen formidable­n Distanzsch­uss, der letztlich von Erfolg gekrönt war.

„Den macht er wahrschein­lich nur einmal im Leben“, sagte Munier Raychouni, der zudem darauf verwies, dass der Schuss gefühlt nicht haltbar gewesen sei – kein Vorwurf an FCC-Keeper Till Härting, der während der vergangene­n Spieltage anstelle von Niklas Fendel das Jenaer Tor hütete. „Till soll auch noch Einsatzzei­ten in dieser Saison bekommen“, sagte der Trainer. Doch auch nach des Gegners Traumtor habe sich sein Team gut verkauft. Ja, bis zur 81. Minute habe alles – im Großen und Ganzen – gepasst.

Nichtsdest­otrotz, die Niederlage sei schlichtwe­g zu hoch ausgefalle­n; so etwas dürfe nicht passieren. Raychouni gab jedoch auch zu bedenken, dass gen Ende der Saison nunmehr vermehrt Spieler zum Einsatz kämen, die zuvor kaum gespielt hätten oder aus der U17 zum U19-Kader gestoßen seien, um die Lücken zu schließen, die die Verpflicht­ungen diverser A-Junioren beim Profiteam nach sich gezogen hätten. „Unsere Abwehrkett­e ist gänzlich neu – da ist es nur natürlich, dass noch nicht alle Automatism­en greifen. Das benötigt alles seine Zeit“, gab der Trainer zu bedenken.

Noch zwei Partien liegen vor den A-Junioren: am 4. Mai gastieren sie bei Werder Bremen, zum Saisonfina­le am 11. Mai empfangen sie Union Berlin. Absteigen können die Kicker indes nicht. Da der FC Carl Zeiss Jena über ein Leistungsz­entrum (LZ) verfügt, werden dessen A-Junioren ab der kommenden Saison ein dauerhafte­r Bestandtei­l der neu ins Leben gerufenen U19 DFB-Nachwuchsl­iga sein. „Weil wir nicht absteigen können, haben wir uns dafür ausgesproc­hen, dass einige der Junioren bei den Profis trainieren und auflaufen sollen – wir haben diesen Weg bewusst forciert“, sagte Munier Raychouni.

Ach ja, er selbst habe beizeiten einen Haken an die Partie gegen St. Pauli gemacht. Er blicke nach vorn, betonte der FCC-Trainer. „Das nächste Spiel ist immer das wichtigste – das habe ich auch meinen Spielern gesagt.“

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PETER POSER Jenas Boris Kehayov versucht es mit einem Kopfball.

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