Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Erfolgsgeschichte der Vierlingsfamilie aus Jena
Die Jenaer Vierlinge werden bereits neun Jahre alt. Ihre Eltern waren aus Albanien nach Deutschland geflohen. Heute sind sie „unverzichtbare Arbeitskräfte“. Eine Erfolgsgeschichte
Vor neun Jahren brachte Oltjana Koci vier Kinder auf einmal im Universitätsklinikum Jena (UKJ) zur Welt. Eine Seltenheit, auch für den Direktor der Klinik für Geburtsmedizin und Patenonkel, Ekkehard Schleußner. Wie jedes Jahr waren sie wieder gemeinsam auf dem Frühlingsmarkt.
Schon 2020 zeigte sich Schleußner erfreut darüber, wie prächtig sich die Kinder entwickelt haben. Auch heute noch ist ihm die Freude über diese Erfolgsgeschichte anzumerken. Es gehe ihnen gesundheitlich gut, und sie seien an ihren Schulen integriert. Das macht auch Mutter Oltjana Koci glücklich. „Sie haben dort viele Freunde gefunden.“Dass das heute möglich ist, war wegen Schwierigkeiten mit dem Aufenthaltsstatus der Familie nicht immer gewiss.
Vierlinge stellen Eltern vor viele Herausforderungen
Aus Albanien war die Familie 2015 wegen der besseren Gesundheitsversorgung nach Deutschland gekommen. Eine Mehrlingsgeburt gilt immer als Risikogeburt. Bei Drillingen und mehr Babys wird der Kaiserschnitt von Medizinern empfohlen. Weil Kinder aus Mehrlingsgeburten oft zu früh auf die Welt kommen, drohen Hirnblutungen, Infektionen und Lungenschäden. In Jena kamen sie unter die medizinische Obhut von Schleußner. Damals, erinnert sich der Arzt, habe die drohende Frühgeburt stabilisiert werden können.
Wie die meisten Mehrlinge, und insbesondere Vierlinge, kamen auch Olivia, Amelia, Xhesika und Frederic dennoch zu klein auf die Welt. Damals wogen die Vier gerade mal zwischen 1200 und 1655 Gramm und blieben deshalb noch einige Wochen auf der Station. Neben der medizinischen Versorgung bekamen die Eltern Unterstützung bei der Namensfindung. „Für vier Kinder gleichzeitig einen Namen zu finden, ist gar nicht so leicht“, sagt Schleußner. In der Zeit
nach der Geburt stellten die vier Säuglinge ihre Eltern vor weitere Herausforderungen.
Die Tauf-Pfarrerin der evangelischen Friedrich-Bonhoeffer-Gemeinde Jena, Frederike Costa, organisierte damals ehrenamtliche „Fütterpatenschaften“: Ältere Damen unterstützten die Eltern beim Füttern der vier Säuglinge. Auch heute noch stehen Costa und die Familie in regem Kontakt. Gerade erst nahmen die Vierlinge samt Eltern an einer Wochenend-Freizeit teil, die Costa organisiert hatte.
Neben Schleußner sind auch Hans Proquitté, Leiter der Neonatologie am UKJ, der damalige Regionalbischof Diethard Kamm und Ministerpräsident Bodo Ramelow Paten der Mehrlinge. Angesichts der Seltenheit einer solchen Geburt
ist es kein Wunder, dass die Familie mit den Vierlingen die Aufmerksamkeit des Ministerpräsidenten und der Medien bundesweit auf sich gezogen hat. Seit 1950 gab es in Deutschland bis 2022 nach Angaben von Statista nur 97 Vierlingsgeburten. Zwei davon betreute Schleußner, seit 2015 hat es keine mehr am Uniklinikum in Jena gegeben.
Eltern der Vierlinge sind seit fünf Jahren berufstätig
„Über die Jahre entwickelten sich die Kinder nicht nur gesundheitlich prächtig, sondern sie wuchsen zu richtigen Jenensern heran“, sagt Schleußner. Lange blieb der Aufenthaltsstatus der Familie aber unklar. Mittlerweile hat die Familie einen dauerhaften Bleibestatus in
Deutschland, und beide Eltern sind berufstätig. Für die Zukunft hat die Mutter Oltjana Koci aber noch einen Wunsch: dass sie und ihre Kinder für immer in Deutschland bleiben können und einen deutschen Pass bekommen. Die Unterlagen dafür haben Sie bereits ausgefüllt, nun müssen sie sie noch zur Ausländerbehörde bringen.
Für Schleußner ist die Jenaer Vierlingsfamilie eine Erfolgsgeschichte. „Die Eltern sind mittlerweile unverzichtbare Arbeitskräfte in Jena“, sagt er. Die Tradition, gemeinsam mit der Familie auf den Frühlings-, Herbst- und Weihnachtsmarkt zu gehen, führen sie weiter fort. Trotz Berufstätigkeit sei der Besuch dieser Märkte für die Eltern mit vier Kindern aber ganz schön teuer.