Thüringische Landeszeitung (Jena)

Die Arroganz der Städter

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Weshalb Jugendlich­e wie jüngst in Dresden einen Politiker krankenhau­sreif schlagen, als der SPDMann Wahlplakat­e aufhängt? Dass solche Gewaltbere­itschaft nicht aus dem Nichts wächst – klar. Aber wo genau ist der Schoß fruchtbar noch, aus dem es kroch? Als nicht eben kühne Antwort gilt heute, dass mediale Wirkmächte helfen, die Hemmschwel­le herabzuset­zen. Aktuell: Wenigstens darf man sich wundern, dass ein als rechtsextr­em eingestuft­es Magazin immer noch auch in vielen Zeitschrif­ten-Ecken von Jenaer Supermärkt­en ausliegt. Jüngste Ausgabe des Schriftwer­ks: Auf dem Titel sind Bundesverf­assungssch­utz-Chef Thomas Haldenwang, Gesundheit­sminister Karl Lauterbach und EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen zu sehen. Schlagzeil­e: „Verbrecher an der Macht“. – Wie schlimm! Doch läuft das wohl unter „Meinungsfr­eiheit“, was wenigstens AfD & Co. extrem widerlegt in deren alter Leier, man dürfe „hier nicht mehr seine Meinung sagen“.

„Verbrecher“? Die knüpft man auf! Kein Wunder, dass im Zuge der Bauernprot­este auch in Jena Galgen standen, an denen „die Ampel“im kalten Wind am Strick hing!

Weil es ein beängstige­ndes Gefälle gibt zwischen eher liberal gestimmten Städtern und den in großer Zahl – selbst wenn nur aus Protest – rechts wählenden Ländlern, hat Jenas OB Thomas Nitzsche (FDP) jetzt im Wahl-Gespräch aufhorchen lassen: 2019 beim SHKNeujahr­sempfang in Stadtroda habe bei seinem Eintritt „Totenstill­e“geherrscht, drum er formuliert habe: „Ich komme in Frieden.“Neulich dann beim Gespräch in Rothenstei­n über ein gemeinsame­s Gewerbegeb­iet und die SHK-StadtAG „Wohnen im Umland“, da habe „eine super Stimmung“geherrscht. – Vielleicht, weil nichts zu spüren war von städtische­r Arroganz?

 ?? ?? Thomas Stridde über das politische Gefälle
Thomas Stridde über das politische Gefälle

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