Thüringische Landeszeitung (Jena)
Neue Kulturkonzeption beschlossen
Corona und Zukunftszentrum wurden „herausoperiert“. Kulturelles Knall-Bonbon angekündigt
Es war eine der ersten großen Aufgaben, die bei Friedrun Vollmer im Volksbad-Büro auf dem Tisch landete. Seit Oktober 2023 ist sie bei Jenakultur als Teil der Werkleitung zuständig für den Bereich Kulturentwicklung und kulturelle Bildung. In den vergangenen fünf Monaten hat sie gemeinsam mit dem Jenaer Kulturausschuss intensiv an der Überarbeitung der Jenaer Kulturkonzeption gearbeitet. Die Fortschreibung der Kulturkonzeption für die Jahre 2025 bis 2028 wurde vom Stadtrat mehrheitlich bestätigt.
Diese mittlerweile 3. Konzeption soll ein Kulturkompass für Jena sein, einen „Entwicklungskorridor abstecken“, so formuliert es der Kulturausschussvorsitzende Jörg Vogel (SPD). Vor allem aber, das betont Vollmer, habe die Konzeption inhaltliche Relevanz. „Sie ist ein Werkzeug, das wir benutzen wollen.“Die Überarbeitung der Konzeption sei vor allem deshalb notwendig geworden, weil das bestehende Papier im Jahr 2021 unter dem Eindruck von Corona verabschiedet worden sei, nun liege eine „von der Pandemie bereinigte“Fassung vor, sagt Vogel.
Der Jenaer Oberbürgermeister und Kulturdezernent Thomas Nitzsche (FDP) erklärt, dass man außerdem auch mit dem Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation gerechnet habe, welches aber letztlich nach Halle ging. Aus der überarbeiteten Fassung der Kulturkonzeption habe man das geplante Zukunftszentrum wieder „herausoperieren“müssen. Die OP sei gelungen, der Patient lebt und werde nun das kulturelle Leben der Stadt weiterentwickeln. Hunderte Gespräche habe man mit Akteuren aus der Jenaer Kulturszene geführt, um die neue Konzeption zu erstellen und den Maßnahmenkatalog an die Bedürfnisse der Jenaer Kulturlandschaft anzupassen, erklärt Vollmer.
Mit diesem Kulturkonzept könnten nun auch die Verhandlungen über Geld gezielter geführt werden, sagt Vogel. Die Zuschussvereinbarung zwischen dem Eigenbetrieb Jenakultur und der Stadt werde immer für vier Jahre festgeschrieben, was dem Eigenbetrieb Planungssicherheit gebe, sagt Nitzsche. Für die Jahre 2023 und 2024 war der Zuschuss
auf knappe 23 Millionen Euro pro Jahr berechnet worden. Für die neue Zuschussvereinbarung, die ab 2025 gelten soll, sei die vorliegende Kulturkonzeption ein sinnvolles Werkzeug, auf dessen Basis man verhandeln und finanziell planen könne, sagt Vogel.
Der große kulturelle Reichtum Jenas
Friedrun Vollmer schwärmt von Jena als Kulturstadt. Sie ärgert sich darüber, wenn auf hohem Niveau geklagt werde. In Jena gebe es keine Mangelsituation, sondern einen großen Reichtum: eine lebendige Vereinslandschaft, viele Chöre, die Volkshochschule, die neue Bibliothek, eine lebendige Subkultur, eine herausragende Kunstsammlung, die Philharmonie. Dabei biete Jenakultur auch den Akteuren der freien Kulturszene eine große Verlässlichkeit, sagt Jörg Vogel. Der politische Wille, hier zu fördern und zu unterstützen, sei gegeben. Hier gehe es vor allem um den Strukturerhalt, der nicht nur finanziell, sondern auch mit Know-how, einem großen Netzwerk, personeller Unterstützung forciert werde.
Ein kulturelles Knall-Bonbon lässt Friedrun Vollmer am Ende noch platzen: Bereits im kommenden Jahr werde in Anlehnung an die „Lange Nacht der Wissenschaften“, die ja eine lange Nacht der Naturwissenschaften sei, eine „Lange Nacht des Wortes“veranstaltet. Noch sei das ein Arbeitstitel, doch fest stehe, dass der zweijährige Turnus der Langen Nacht, so zu einem jährlichen Turnus kommen werde.
Die neue Veranstaltung werde zunächst stadtzentral am neuen Engelplatz-Kulturquartier stattfinden – im November, rund um Schillers Geburtstag. Die Jenaer Frühromantik sei der Ursprung der europäischen Moderne, sagt Friedrun Vollmer. Eine solche Veranstaltung stünde Jena als „geistigem Mekka Europas“, wie es Nitzsche audrückt, gut zu Gesicht. Goethe, Schiller, Novalis, Fichte, Schelling, Hegel, die Schlegel-Brüder, Humboldt und Caroline Schlegel, sie alle gehören zu den Frühromantikern, den „Fabelhaften Rebellen“, wie die Schriftstellerin Andrea Wulf sie nannte. Bereits im kommenden Jahr soll die „Lange Nacht des Wortes“, als Pendant zur „Langen Nacht der Wissenschaften“alle Jenaer einladen.