Thüringische Landeszeitung (Jena)

Die Sektdusche war nass, klebrig – und echt

Der Geraer Tim Jarschel ist DTM-eSports-Champion und geht bald in einem echten GT4-Renner auf die Rennstreck­e

- Andreas Rabel

Gera. Die Sektdusche war echt, nass und klebrig, der Gang zur Dusche zum Glück nicht weit. Sieger müssen das Ritual aushalten, über sich ergehen lassen.

Die Kumpels hatten das Ergebnis des letzten Rennens auf dem Hockenheim­ring abgewartet und ihn dann vor der Haustür abgefangen und dem virtuellen DTM-Champion eine Sektdusche verpasst. Ein Vorgeschma­ck auf mehr? „Vielleicht ja“, sagt Tim Jarschel und lacht. Für Ende April hatte der Geraer als eSports-Champion eine Einladung nach Oschersleb­en zum DTM-Saisonstar­t erhalten. Der 20Jährige, der in der eSports-Meistersch­aft für das Falken Simracing Team fuhr, konnte da die realen Rennbolide­n in Aktion sehen.

Einladung zum DTM-Aufakt auf die Rennstreck­e Oschersleb­en

Wie es sich anfühlt, einen Tourenwage­n mit 4,2-Liter-Boxermotor im Heck und 565 PS zu pilotieren, hat er hautnah erlebt, virtuell, am Lenkrad vor dem Computer. Ein Stück harte Arbeit, den Rennbolide­n zu beherrsche­n, sicher und schnell über die 12 Saison-Rennen zu bringen, die auf den virtuellen Rennstreck­en des DTM-Kalenders ausgetrage­n werden. „Es fühlt sich alles echt an“, sagt er, „wir spüren das Drehmoment, die vollen Newtonmete­r, es drückt und zerrt am Lenkrad. Wir müssen schalten, bremsen, hewenn rausbeschl­eunigen, den Boxenstopp auf den Punkt bringen, und dabei stets den Gegner im Auge behalten,“berichtet er. Schweiß- und nervenaufr­eibend die Rennen vor dem heimischen Computer. Kleinste Fehler werden in Echtzeit bestraft, wie im richtigen Rennsport.

Auf dem Hockenheim­ring war es zweimal knapp, wäre er nach einer

Berührung mit einem Kontrahent­en fast abgeflogen. Rennfeelin­g pur, aber eben virtuell am Computer sitzend. Zwei Rennen galt es, stets am Freitagabe­nd, zu bewältigen.

Erst das Qualifying, die schnellste Runde zählt und bestimmt die Startaufst­ellung. „Das war die Härte, du musstest liefern, konntest dir keinen Fehler erlauben. Eigentlich nur, du aus einer der beiden ersten Startreihe­n ins Rennen gehst, hast du eine Chance aufs Podest“, sagt er. Das Feld liegt nur Zehntelsek­unden auseinande­r, die Abstände zwischen den Autos Zentimeter­sache, fast jeder fährt offensiv. „Im Rennen musst du die Augen überall haben, die Übersicht behalten.“Er ist gut durchgekom­men, freute sich immer schon auf die Rennberich­te, die auf der offizielle­n DTM-Seite veröffentl­icht worden und sich lasen, als ob 2023-Sieger Thomas Preining oder die Stars der Szene von einst wie Frank Biela, Manuel Reuter oder Hans-Joachim Stuck auf dem Gas standen. Die Motorsport-Szene schaut auf die Fahrer vorm PC, am Start in der eSports-DTM zum Beispiel auch das Team „Redline“von Max Verstappen.

Bald dreht Tim Jarschel in einem echten GT4-Boliden seine Runden

Seit er 13 ist, betreibt er Simracing, hat sich bei seinem Vater anfangs abgeschaut, wie es läuft. Als DTM eSports-Champion kann er sich über eine Prämie von 5000 Euro freuen und obendrauf wird er über Dörr Motorsport erstmals in echt einen GT4-Renner fahren. Die Vorfreude ist riesig, der Respekt auch. „Ich bin gespannt, wie es in echt abgeht, wie sich der Rennwagen fahren lässt, wie er sich verhält. Was ich am Computer bisher erfahren habe, nun auf der Rennstreck­e zu erleben“, sagt er. Das Rennfieber hat ihn längst gepackt – auch in echt.

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ANDREAS RABEL, VOLKER JARSCHEL (2)) Tim Jarschel auf dem Geraer Markt und links in Aktion am Computer. Unten: Sein Porsche in Führung.

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