Thüringische Landeszeitung (Jena)
Landfrauen sorgen sich um die Europapolitik
Die Thüringer EU-Abgeordnete Marion Walsmann warnt, dass nach der Wahl die ostdeutsche Interessenvertretung in Brüssel Schaden nehmen könnte
Erfurt.
Es sei wichtig, dass auch nach der Wahl im Europaparlament Abgeordnete sitzen, die die ostdeutschen Interessen deutlich vertreten. Dieses Engagement für die ostdeutschen Länder könnte im künftigen Europaparlament schwieriger werden, warnte die Thüringer EU-Abgeordnete Marion Walsmann (CDU) bei einem Treffen mit Landfrauen aus den fünf neuen Bundesländern. Als Grund für ihre Befürchtungen nannte sie die Stimmengewalt der AfD.
Gut zwei Dutzend Vertreterinnen der Landfrauenverbände berieten am Wochenende in Erfurt über ihre
Zusammenarbeit, die Zukunft des ländlichen Raums, aber eben auch über die Auswirkungen der Europapolitik auf die Regionen.
Die Agrarförderung, Mobilität und Digitalisierung waren einige der angesprochenen Probleme. Aber auch die Unterschiede zwischen den ländlichen Regionen im Osten und Westen Deutschlands. Beklagt wurde von den Landfrauen zudem, dass sich die Bewohner der Städte immer weiter von der Landwirtschaft entfernen, immer weniger darüber wisse. Mehrfach kam zur Sprache, dass auch EU-Politiker zumeist weit weg von Menschen in den Regionen, den Gemeinden, handeln und entscheiden.
Walsmann betonte die Vorteile der EU für Thüringen. So würden 66 Prozent der im Freistaat produzierten Waren ins europäische Ausland geliefert. Der Bundesdurchschnitt liege bei 55 Prozent. Ohne
Die Landfrauen genießen hohes Ansehen in der Politik. Vorsitzende Susann Goldhammer (links) übergab 2023 Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) die Erntekrone fürs Parlament.
den EU-Binnenmarkt wäre die Thüringer Wirtschaft nach ihren Worten akut gefährdet. Seit der Wende seien zudem viele Millionen DMark und später Euro über die EUStrukturfonds für Investitionen in die ländlichen Regionen des Freistaats geflossen.
Für Thüringens Agrarstaatssekretär Torsten Weil ist eine starke ostdeutsche Interessenvertretung im Europaparlament auch deshalb wichtig, weil in den kommenden Jahren über die Mittel der künftigen EU-Agrarförderperiode ab 2027 beraten werde. Er wünsche sich dafür weniger komplexe Regelungen. Aus seiner Sicht sei es besser, den Umweltschutz von der Agrarförderung zu trennen. Es dürfe nicht sein, dass kleinere Landwirte darauf verzichten, Förderanträge zu stellen, nur weil sie den Aufwand nicht mehr bewältigen können. Weil sicherte den Thüringer Landfrauen die weitere
Unterstützung der Landesregierung zu. Sie seien flächendeckend in den ländlichen Regionen vertreten und helfen mit, die Strukturen zu stabilisieren. Viele der Landfrauen würden ehrenamtlich arbeiten und sich beispielsweise in der Bildungsarbeit engagieren.
Walsmann kritisierte, dass die Bundesregierung häufig EU-Vorgaben noch einmal verschärfe. Als Beispiele nannte sie das Wolfsmanagement mit dem bis vor kurzem geltenden restriktiven Abschussverbot. Aber auch in der Agrarpolitik habe die Bundesregierung lange gezögert, bis die Forderung nach einer vierprozentigen Stilllegung für Ackerflächen gelockert worden sei.