Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Innenausschusschef: „Das Vertrauensverhältnis ist enorm zerrüttet“
Vor der heutigen Ältestenratssitzung haben sich die Fronten zwischen Landtagspräsident und direktorin auf der einen und Rotrotgrün auf der anderen Seite verhärtet
ERFURT. Uwe Höhn (SPD) ist Mitglied des Innenausschusses, und als Landtagsvizepräsident gehört er dem Ältestenrat des Parlaments an. Wenn Höhn über den Vorwurf der Zensur spricht, die die rot-rot-grünen Fraktionäre gegen Landtagsdirektorin Birgit Eberbach-born erheben, weil sie eine Erwiderung des Innenausschusses auf eine Cdu-klage besonders stark einkürzte, wird er leidenschaftlich. Eberbach-born könne sich nicht auf die Neutralitätspflicht des Landtags berufen. „Es sind vielmehr alle Argumente erlaubt, die den Vorwurf widerlegen, der Landtag habe ein verfassungswidriges Gesetz beschlossen“, ist Höhn überzeugt.
Konkret geht es um Folgendes: Die Unionsfraktion hat gegen das Vorschaltgesetz zur Gebietsreform vor dem Verfassungsgerichtshof geklagt – und
zwar gegen den Innenausschuss des Landtags, der das Gesetz zu verantworten hat. Der Ausschuss hat daraufhin den Juristischen Dienst damit beauftragt, eine Erwiderung der Klage zu verfassen. Dieses Schriftstück durchlief wie üblich mehrere Ebenen bis es bei der Chefin landete: der Direktorin.
Diese strich etwa 12 der 36 Seiten, weil sie unter anderem
die Neutralitätspflicht der Verwaltung durch „Spekulationen des Verfassers“verletzt sah. Zudem hatte sich der zuständige Referatsleiter, Eberbach-borns Ansicht nach, „im Übermaß selbst zitiert“.
Für Linke, SPD und Grüne ist der übermäßige Einsatz des Rotstifts durch die Direktorin, die seit mehr als 40 Jahren der CDU angehört, eindeutig parteipolitisch motiviert, um die Argumente der Regierungsfraktionen zu schwächen. Aus Eberbachborns Sicht ist die Art der Kritik ehrenrührig. Dass sie Christdemokratin sei, habe keine Rolle gespielt. Der Vorgang ist mittlerweile sogar auf der Homepage des Landtags unter der Überschrift „Landtagsdirektorin weist Vorwürfe scharf zurück“nachzuvollziehen. Rückendeckung erhält sie von Landtagspräsident Christian Carius, dem eine Doppelrolle zufällt. Als Mitglied der Cdu-fraktion gehört zu den Klägern, als Parlamentspräsident zu den Beklagten.
Die Argumente zu gewichten und zu werten, sei ausschließlich Sache des Gerichts, ist Höhn dagegen überzeugt. „Niemand, der beklagt wird, wird die Argumente seines Klägers in die eigene Erwiderungsschrift aufnehmen“, betont er im Tlz-gespräch. „Das ist völlig absurd und weltfremd.“
Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Spdfraktion, Dorothea Marx, seit mehr als einem Vierteljahrhundert Rechtsanwältin, hält die Argumente für „wenig überzeugend“. Es sei gang und gäbe, dass sich ein Bearbeiter – auch in diesem Umfang – selbst zitiere. Dass von Eberbach-born gestrichene Argument, die CDU habe bewusst ihre Anträge auf den letzten Drücker eingebracht, um das Verfahren zu verschleppen, sei keine unsachliche Unterstellung. Dieser Einwand habe schon im Ausschuss eine entscheidende Rolle gespielt. Zudem sei die Erwiderung schon von der Spitze des Juristischen Dienstes korrigiert worden und dort habe es keine Einwände gegeben. Die Begründung der Direktorin sei nachgeschoben, so Marx. Und es sei unsäglich, den Mitarbeiter öffentlich anzugreifen. „Das ist mit der beamtenrechtlichen Schutzpflicht nicht zu vereinbaren.“
Innenausschusschef Steffen Dittes (Linke) sagt im Vorfeld des heutigen Ältestenrats: „Das Vertrauensverhältnis ist enorm zerrüttet. Ich sehe momentan keine Basis, wie das wieder hergestellt werden kann.“
Die Parlamentarische Geschäftsführein der Grünen-fraktion, Astrid Rothe-beinlich, sieht die Zensurvorwürfe ebenfalls nicht entkräftet. Die von der Landtagsverwaltung zur Verfügung gestellten Unterlagen seien unvollständig. „Der Mehrwert besteht allenfalls aus einem Organigramm, aber das hätte ich mir auch im Internet ansehen können“, spöttelt sie. Dienstanweisungen, wann was von wem gesagt worden sei, gebe es nicht. Das Gleiche gelte für die Korrespondenz des auch einbezogenen Finanzausschusses oder die Kommunikation rund um das Sondervotum. „Ich habe zwar einen hübschen Ordner vor mir, aber schlauer bin ich mitnichten“, sagt Rothebeinlich.
„Niemand der beklagt wird, wird die Argumente seines Klägers in die eigene Erwiderungsschrift aufnehmen. Das ist weltfremd.“Landtagsvizepräsident Uwe Höhn (SPD)