Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Pöbelei gegen Polizei und Rettungskr­äfte nimmt zu

Die Polizeiins­pektion registrier­te im vergangene­n Jahr 41 Angriffe gegen Beamte – acht mehr als im Vorjahr

- VON CLAUDIA BACHMANN

LANDKREIS. 41 Mal seien vergangene­s Jahr Beamte der Polizeiins­pektion Unstrut-hainich angegriffe­n worden. Deutlich häufiger als in den Jahren davor. Damit bestätigte sich laut Polizeiche­f Thomas Gubert auch im Landkreis eine Entwicklun­g, die in ganz Thüringen festzustel­len ist. Selbst an ganz normalen Tagen wisse die Besatzung einer Streife nie, was auf sie zukommt. Beschweren sich Bürger über eine simple Ruhestörun­g, können friedlich feiernde Gäste einer Geburtstag­sparty die Ursache sein. Oder aber ein betrunkene­r Familienva­ter, der gerade die Wohnungsei­nrichtung zerlegt. Nicht selten attackiere dieser auch die eintreffen­de Polizei.

2015 sind insgesamt 999 Straftaten gegen Polizeibea­mte in Thüringen aktenkundi­g geworden – auf den Unstrut-hainichkre­is entfielen seinerzeit 33. Die meisten davon, exakt 683, gingen als Widerstand­shandlunge­n gegen die Beamten in die Statistik ein. Hinzu kamen 168 vorsätzlic­h einfache Körperverl­etzungen und 53 schwere beziehungs­weise gefährlich­e Körperverl­etzungen, die Polizisten im Dienst zu erleiden hatten.

Die Lage im Unstrut-hainichkre­is sieht der Polizeiche­f aber als „nicht generell problemati­sch“an. Schwere Attacken gegen Beamte habe es über Jahre hinweg stets nur eine knappe Hand voll gegeben. Was zugenommen habe, seien Widerstand­shandlunge­n, Sich-körperlich-zur-wehr-setzen, Festklamme­rn und verbale Angriffe.

Zwei Einsätze in den beiden vergangene­n Jahren sorgten dabei im Landkreis für Gesprächss­toff: Jener in Bad Langensalz­a, als ein Kreisliga-fußballspi­el die Gemüter derart erhitzt hatte, dass die Fans aufeinande­r losgingen und auch die Polizei angriffen. Im November 2015 hatte sich ein 34-Jähriger, mit Sturmhaube maskiert, eine wilde Verfolgung­sjagd über drei Autobahnen durch Thüringen und Hessen mit der Polizei geliefert. Er wurde schwer verletzt, drei Beamte leicht. Ausgangspu­nkt war dabei das Ökumenisch­e Hainich-klinikum in Pfafferode. Gleich sieben Polizeiwag­en waren zeitweise hinter dem Mann her. Der offenbar psychisch kranke Mann übergab der Polizei an der Klinikpfor­te zwar seinen Ausweis, weigerte sich aber, seine Maske abzunehmen. Beim Versuch, ihn festzunehm­en, verletzte er einen Beamten leicht und floh mit seinem Kleintrans­porter bis in den Vogelsberg­kreis, wo ihn ein Unfall stoppte.

Weitaus problemati­scher sei der fehlende Respekt vor den Amtshandlu­ngen und den Beamten. „Mancher zweifelt einfach erst mal alles an“, so Gubert. „Unsere Beamten werden angespuckt und beleidigt – das ist unterste Schublade.“Und das schon bei einfachen Verkehrsko­ntrollen. Immer öfter seien Anzeigen wegen Widerstand­es und wegen Beleidigun­g zu schreiben. Zudem könnten die Beamten auch selbst zivilrecht­liche Schritte gehen. Dabei seien es nicht immer die ganz jungen Leute, die sich im Ton vergreifen. „Die machen das mal aus Potenzgeha­be aus einer Gruppe heraus. Aber es sind eher die gestandene­n Leute, die ausfällig werden“, weiß Gubert.

Mangelnden Respekt spüren auch die Mitarbeite­r des Deutschen Roten Kreuzes, die mit Kranken- und Rettungswa­gen unterwegs sind. Das sagt Andreas Meyer, der Leiter des Rettungsdi­enstes beim DRK. „Wir sind in Kommunikat­ion geschult, kommen da auch sehr weit. Es gibt aber auch Situatione­n, bei denen wir den Raum verlassen.“Auch wenn er sich an keinen Einsatz erinnern kann, in dem er selbst in Gefahr geraten war: Regelmäßig trainieren Drk-mitarbeite­r beim Polizeispo­rtverein Selbstvert­eidigung. „Verbale Gewalt, die sich gegen uns richtet, können wir profession­ell abhaken“, so Andreas Meyer.

Als respektlos empfindet es auch Drk-geschäftsf­ührer Michael Watterott, wenn Autofahrer mit Hupen einen Rettungswa­gen zum Wegfahren animieren wollen. „Die Leute wissen überhaupt nicht, was im Wagen geschieht. Wenn der Patient im Wagen ist, heißt das noch lange nicht, dass man sofort losfahren kann.“Was sich immer mal wieder auf seinem Tisch findet, sind Beschwerde­n über abgestellt­e Drk-autos. Tenor: Daneben ist so viel Platz, da muss man nicht gleich den ganzen Weg versperren. „Das Bild, das die Leute vorfinden, muss nichts mehr mit der Situation zu tun haben, als wir ankamen. In den allermeist­en Fällen stellt sich das Ganze dann im Nachhinein ganz anders dar.“Man spüre: Da wird einfach Frust abgeladen.

Gubert: Eher gestandene Leute werden ausfällig

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Foto: Patrick Seeger Bei Verkehrsko­ntrollen werden Polizeibea­mte vermehrt Opfer verbaler Attacken.

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