Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Pöbelei gegen Polizei und Rettungskräfte nimmt zu
Die Polizeiinspektion registrierte im vergangenen Jahr 41 Angriffe gegen Beamte – acht mehr als im Vorjahr
LANDKREIS. 41 Mal seien vergangenes Jahr Beamte der Polizeiinspektion Unstrut-hainich angegriffen worden. Deutlich häufiger als in den Jahren davor. Damit bestätigte sich laut Polizeichef Thomas Gubert auch im Landkreis eine Entwicklung, die in ganz Thüringen festzustellen ist. Selbst an ganz normalen Tagen wisse die Besatzung einer Streife nie, was auf sie zukommt. Beschweren sich Bürger über eine simple Ruhestörung, können friedlich feiernde Gäste einer Geburtstagsparty die Ursache sein. Oder aber ein betrunkener Familienvater, der gerade die Wohnungseinrichtung zerlegt. Nicht selten attackiere dieser auch die eintreffende Polizei.
2015 sind insgesamt 999 Straftaten gegen Polizeibeamte in Thüringen aktenkundig geworden – auf den Unstrut-hainichkreis entfielen seinerzeit 33. Die meisten davon, exakt 683, gingen als Widerstandshandlungen gegen die Beamten in die Statistik ein. Hinzu kamen 168 vorsätzlich einfache Körperverletzungen und 53 schwere beziehungsweise gefährliche Körperverletzungen, die Polizisten im Dienst zu erleiden hatten.
Die Lage im Unstrut-hainichkreis sieht der Polizeichef aber als „nicht generell problematisch“an. Schwere Attacken gegen Beamte habe es über Jahre hinweg stets nur eine knappe Hand voll gegeben. Was zugenommen habe, seien Widerstandshandlungen, Sich-körperlich-zur-wehr-setzen, Festklammern und verbale Angriffe.
Zwei Einsätze in den beiden vergangenen Jahren sorgten dabei im Landkreis für Gesprächsstoff: Jener in Bad Langensalza, als ein Kreisliga-fußballspiel die Gemüter derart erhitzt hatte, dass die Fans aufeinander losgingen und auch die Polizei angriffen. Im November 2015 hatte sich ein 34-Jähriger, mit Sturmhaube maskiert, eine wilde Verfolgungsjagd über drei Autobahnen durch Thüringen und Hessen mit der Polizei geliefert. Er wurde schwer verletzt, drei Beamte leicht. Ausgangspunkt war dabei das Ökumenische Hainich-klinikum in Pfafferode. Gleich sieben Polizeiwagen waren zeitweise hinter dem Mann her. Der offenbar psychisch kranke Mann übergab der Polizei an der Klinikpforte zwar seinen Ausweis, weigerte sich aber, seine Maske abzunehmen. Beim Versuch, ihn festzunehmen, verletzte er einen Beamten leicht und floh mit seinem Kleintransporter bis in den Vogelsbergkreis, wo ihn ein Unfall stoppte.
Weitaus problematischer sei der fehlende Respekt vor den Amtshandlungen und den Beamten. „Mancher zweifelt einfach erst mal alles an“, so Gubert. „Unsere Beamten werden angespuckt und beleidigt – das ist unterste Schublade.“Und das schon bei einfachen Verkehrskontrollen. Immer öfter seien Anzeigen wegen Widerstandes und wegen Beleidigung zu schreiben. Zudem könnten die Beamten auch selbst zivilrechtliche Schritte gehen. Dabei seien es nicht immer die ganz jungen Leute, die sich im Ton vergreifen. „Die machen das mal aus Potenzgehabe aus einer Gruppe heraus. Aber es sind eher die gestandenen Leute, die ausfällig werden“, weiß Gubert.
Mangelnden Respekt spüren auch die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes, die mit Kranken- und Rettungswagen unterwegs sind. Das sagt Andreas Meyer, der Leiter des Rettungsdienstes beim DRK. „Wir sind in Kommunikation geschult, kommen da auch sehr weit. Es gibt aber auch Situationen, bei denen wir den Raum verlassen.“Auch wenn er sich an keinen Einsatz erinnern kann, in dem er selbst in Gefahr geraten war: Regelmäßig trainieren Drk-mitarbeiter beim Polizeisportverein Selbstverteidigung. „Verbale Gewalt, die sich gegen uns richtet, können wir professionell abhaken“, so Andreas Meyer.
Als respektlos empfindet es auch Drk-geschäftsführer Michael Watterott, wenn Autofahrer mit Hupen einen Rettungswagen zum Wegfahren animieren wollen. „Die Leute wissen überhaupt nicht, was im Wagen geschieht. Wenn der Patient im Wagen ist, heißt das noch lange nicht, dass man sofort losfahren kann.“Was sich immer mal wieder auf seinem Tisch findet, sind Beschwerden über abgestellte Drk-autos. Tenor: Daneben ist so viel Platz, da muss man nicht gleich den ganzen Weg versperren. „Das Bild, das die Leute vorfinden, muss nichts mehr mit der Situation zu tun haben, als wir ankamen. In den allermeisten Fällen stellt sich das Ganze dann im Nachhinein ganz anders dar.“Man spüre: Da wird einfach Frust abgeladen.
Gubert: Eher gestandene Leute werden ausfällig