Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Durch den Behörden-dschungel bis zur eigenen Wohnung

Birgit Demps kümmert sich seit knapp anderthalb Jahren um die Probleme eritreisch­er Flüchtling­e

- VON CLAUDIA BACHMANN

MÜHLHAUSEN. „Die Arbeit hat mich emotional mitgenomme­n. Für mich stand fest: Du musst das weitermach­en.“Birgit Demps (54) aus Mühlhausen hat ihre Berufung gefunden.

2015 im Sommer übernahm das Ökumenisch­e Hainich-klinikum die Trägerscha­ft über die Erstaufnah­meinrichtu­ng (EAE) für Flüchtling­e auf dem Gelände der einstigen Görmar-kaserne. Das Klinikum ist Arbeitgebe­r von Demps, die in Pfafferode als medizinisc­h-technische Angestellt­e arbeitet. Auch sie wurde in der EAE eingesetzt.

Seit Anfang 2016 ist sie ehrenamtli­che Flüchtling­spatin. Ein Dutzend junge Menschen aus Eritrea hat sie bisher durch den deutschen Behörden-dschungel und zu einer eigenen Wohnung begleitet. Bei den Eritreern beeindruck­t sie die „angenehme Mentalität“. Im Januar 2016 waren zwei junge Männer die ersten Patenkinde­r, es wurden immer mehr. Einer der beiden wollte unbedingt nach Erfurt, dort eine Ausbildung beginnen.

„Wie geht eigentlich Umziehen, wo er doch hier gemeldet ist? Diese Frage stellte sich uns zuerst. Und wir hätten nicht gedacht, dass sie so schwer zu beantworte­n ist“, sagt Demps.

Eine Wohnung musste gesucht werden. Ein schweres Unterfange­n. Gefunden haben sie letztlich ein Zimmer in einem Wohnheim. Dort lebt der Eritreer noch immer. „Aber die erste Frage des Verantwort­lichen in Erfurt hat mich schon irritiert: Was, das ist so ein richtig Schwarzer, hat er gesagt.“

Doch es war der Reiz des Exotischen, der ihn bewog, den Eritreer aufzunehme­n. „Wenn wir nicht jeden Tag telefonier­en, ist er enttäuscht. Ich bin seine Familie hier in Deutschlan­d, sagt er immer“, erzählt Birgit Demps.

Der zweite ihrer ersten Schützling­e lebt noch immer in Mühlhausen: Und er kämpft mit der deutschen Sprache. Den Sprachkurs wird er wiederhole­n müssen. Anders jener junge Mann, der an diesem Nachmittag auf dem Sofa des Cafés Internatio­nal in der Görmarstra­ße sitzt. Der sucht nach einem Angebot für den Aufbaukurs Deutsch, der ihn zum Besuch der Fachhochsc­hule Erfurt berechtigt. Zuhause in Eritrea hat er Informatik studiert und hat mittlerwei­le verinnerli­cht, dass es in Deutschlan­d ein weiteres Studium braucht, um in seinem Beruf arbeiten zu können. „Wir sind Frau Demps so dankbar. Dass müssen Sie unbedingt in die Zeitung schreiben“, sagt er.

Birgit Demps weiß das. Sie investiert jede Minute freie Zeit in die Betreuung ihrer Flüchtling­e. In Behördengä­nge und in das Beschaffen der Erstaussta­ttung für eine Wohnung. „Bei den Kleinanzei­gen suchen wir nach Schränken und Kühlschrän­ken, nach Küchen und Betten. Bei Verwandten und Freunden betteln wir um Geschirr und Bettwäsche. Die meisten haben doch eh zu viel davon in den Schränken.“Der Ehemann muss mit ran, um als Elektriker die Geräte anzuschlie­ßen, ihre Mutter Margrit Hause, die die Flüchtling­e Mama oder Oma nennen, macht mit. In ihrem Keller steht derzeit ein Babybett. Im Sommer erst wird das Kind, „unser zweites Baby“, geboren.

Ist die Wohnung gefunden, der Deutsch-kurs bestanden und sind die junge Leute der Sprache ein bisschen besser mächtig, werde weniger Hilfe benötigt. Der Kontakt reißt dennoch nicht ab, denn Unterstütz­ung brauche es weiterhin.

Manchmal kommt ein Anruf eines junges Mannes, weil seine schwangere Frau Schmerzen hat und ins Krankenhau­s muss, manchmal muss eine Abrechnung erklärt werden. Und nicht selten klingelt das Mobiltelef­on, weil der Schlüssel in der Wohnung vergessen ist. Birgit Demps hat für die Wohnungen ihrer Patenkinde­r Zweitschlü­ssel. „Wir sind ihre Sicherheit in Deutschlan­d“, sagt sie. Sicherheit – in mehrfacher Hinsicht.

Birgit Demps fand den Kontakt über den Verein „Miteinande­r“. Der ist erreichbar unter der Telefonnum­mer ()   . Bürozeit ist donnerstag­s zwischen  und  Uhr in der Schule in der Meißnersga­sse b in Mühlhausen.

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Birgit Demps im Café Internatio­nal – seit  ist sie Flüchtling­spatin und begleitet junge Menschen aus Eritrea durch den Behörden-dschungel. Foto: Alexander Volkmann

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