Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Patent auf Software nicht möglich
Wie ein junger Jenaer Unternehmensberater die Politik auf eine Gesetzeslücke aufmerksam macht
JENA. „Jungs, es geht leider nicht, dass die von euch entwickelte Software als Patent geschützt wird. Das deutsche Patentgesetz spricht dagegen. In den USA aber geht das.“Mit dieser wenig erquickenden Antwort musste der Jenaer Unternehmensberater Schora Aslanjan schon öfter seine Kunden konfrontieren.
Die jungen Leute hatten nämlich ihre Ideen für Software-lösungen schützen lassen wollen, um sich damit auf dem internationalen Markt behaupten zu können. Doch schon der Paragraf 1 des deutschen Patentgesetzes besage, dass nur Erfindungen patentierbar sind, die dinglich sind, sagt Aslanjan. Digitale Erfindungen fallen hier vollkommen durch. Denn es heißt in dem Paragrafen wörtlich, dass Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht als Erfindungen angesehen werden.
Für den Unternehmensberater ein Unding. Denn es bringe junge Unternehmern Wettbewerbsnachteile gegenüber Mitkonkurrenten in anderen Staaten. Dazu hat er ein weiteres Beispiel parat – das Marketingstart-up Reachhero: „Das Unternehmen brachte als erstes einen vollautomatischen Online-marktplatz im Influencermarketing in Deutschland auf den Markt. Kurz darauf erschienen die ersten Kopien, die die Reachhero-plattform nachamten. Interessant hierbei – die neue Konkurrenz hatte sich als Kunden getarnt auf der Reachhero-plattform angemeldet, um Details im Ablauf zu erfahren. Die deutsche Firma konnte nichts dagegen tun, weil ihre Software nicht als Patent geschützt war.“
In den USA seien reine Software-patente seit dem Jahr 1980 möglich, und zwar auch ohne eine ausgeführte Hardwarekomponente. Seit 1990 sogar ausgeweitet auf bloße Geschäftsideen. Nur der Nachweis eines praktischen Nutzens sei erforderlich. Selbst in China kann nach Recherchen von Aslanjan seit 1994 Computer-software geschützt werden.
Nur Deutschland verschaffe sich Nachteile, weil man sich hier auf die längst überholte Gesetzeslage vom 1. Januar 1978 stütze. „Das nötigt deutsche Entwickler immer öfter dazu, ins Ausland, insbesondere in die USA auszuwandern, um ihre Software schützen zu lassen und zu verwerten“, sagt Aslanjan.
Hier müsse eine Gesetzesreform her, fordert der Unternehmensberater mit armenischen Wurzeln. Mit dieser Forderung habe er sich unter anderem bereits an die Wirtschaftsministerien im Bund und in Thüringen und an einige Parteien gewandt. Doch bisher ohne großes Echo. Zumeist habe er die Antwort erhalten, dass er doch mal was dazu einschicken solle, und man werde das prüfen. Offene Ohren hat Aslanjan nun aber bei dem Jenaer Cdu-bundestagsabgeordneten Albert Weiler gefunden. Möglicherweise, weil der selbst vor seinem politischen Berufsstand einige Jahre in einem Patentamt gearbeitet hatte. Weiler will sich jedenfalls der Sache annehmen. Er hält sie für enorm wichtig und ist auch froh, dass dieser Hinweis ausgerechnet aus der High-tech-stadt Jena kommt, wo zahlreiche Firmen und Entwicklerbüros davon betroffen sind, zum Beispiel auch beim Entwickeln von Software für E-commerce. In der nächsten Woche will der Cdupolitiker mit seinem Generalsekretär Peter Tauber darüber sprechen. Nach Meinung von Weiler sollte die dringend notwendige Gesetzesänderung unbedingt ins Wahlprogramm seiner Partei aufgenommen werden, um in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt zu werden. Denn soweit ist Weiler Realist, um nicht mehr mit einer Reform bis zur Bundestagswahl am 24. September zu rechnen.
Sowohl Software als auch Geschäftsideen sollten geschützt werden, mahnt Aslanjan an. Damit könne erreicht werden, dass Humankapital in Deutschland gehalten werden kann. „Das daraus erwirtschaftete Kapital verbleibt somit in unserem Land, das bei Innovation und Entwicklung endlich wieder eine führende Rolle übernehmen könnte.“
Das derzeit vom Bundeswirtschafts-ministerium angestrebte Milliarden Euro schwere Innovationspaket schätzt er hingegen als unnötige Geldverschwendung ein.
Gesetzesreform kann Humankapital halten