Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Umfangreicher Kartenschatz im ehemaligen Schweinestall
Verborgene Orte : Streifzug durch das Versandlager der Familie Rockstuhl, die in speziellen Stellagen historische Publikationen bereithält
BAD LANGENSALZA. Seit der Wiedervereinigung befindet sich, versteckt in der Langen Brüdergasse, das Geschäft von Verlagsinhaber Harald Rockstuhl.
Der kleine verwinkelte Laden stellt Besuchern gleich zwei unterschiedliche Dienstleistungen in Aussicht: Zum einen ist er ein Ort zum Schmökern – ein Buchhandel; zum anderen bietet er Reiselustigen eine Plattform zur Buchung des nächsten Urlaubs. Die Geschäftsidee dahinter ist für die Inhaberfamilie essenziell und in der Rosenstadt einzigartig. „Das Haus stammt noch von den Schwiegereltern“, sagt Harald Rockstuhl, der in Tüngeda aufwuchs. Rockstuhl ist Verleger und Autor von Sachbüchern über die Thüringer Geschichte und die Hainich-region. Die Berührung mit der historischen Entwicklung des Landes und die Neugier für Literatur erfuhr er durch seinen Vater, der selbst Sachbuchautor und Chronist ist. Stück für Stück baute die Familie das Ladengeschäft aus – dort, wo sich früher mal Tierställe befanden – und erweiterte das literarische Angebot. Darunter fallen besonders die drei Hauptschwerpunkte des Verlags: Bücher, historische Landkarten sowie Postkarten und Kalender. Im Familienbetrieb arbeiten seine Frau Heidi, Tochter Annekathrin und eine Mitarbeiterin.
Der wertvolle Schatz des Geschäfts steht aber nicht sortiert in Bücherregalen, sondern findet sich im Versandbereich des Verlags: Eine Stellage mit vielen Einschüben beherbergt eine über 120 Stück umfassende Kartographiesammlung aus den
Jahren 1570 bis 1961 – alles Nachdrucke historischer Landkarten. Bereits 1986 machte sich Harald Rockstuhl mit Reisebüro und Verlag selbstständig. „Gewagt war das damals schon. Die Selbstständigkeit begann ohne Netz und doppelten Boden“, erzählt der Verleger.
Rückblickend habe sich das Geschäft mit dem gedruckten Wort in den letzten 20 Jahren stark durch die Digitalisierung verändert. „Der Vertrieb rückte dabei mehr und mehr in den Vordergrund der täglichen Arbeit“, sagt der 59-Jährige.
Zur Spezialisierung des Verlags gehören unter anderem Dorf- und Stadtchroniken, Militärhistorie und Eisenbahnliteratur. Die reproduzierten Kartographien nehmen im Verlagsangebot eine besondere Stellung ein. Vor vielen Jahren ergab die Zusammenarbeit mit dem Völkerrechtsexperten Gunter Görner für das Buch „Alte Thüringer
Karten zwischen 1550 bis 1750 und das Wirken des Kartografen Adolar Erich“den Anstoß für weitere Kartenverlegungen, erinnert sich Rockstuhl.
Der Nachdruck einer historischen Thüringer Landtafel von Adula Erich aus dem Jahr 1625, hängt heute im Verlagsgeschäft. „Die Bildsprache der Karten ist ganz faszinierend. Man erlebt die Geschichte dabei visuell“, beschreibt Harald Rockstuhl seine Begeisterung.
Das Repertoire an Landkarten, mit denen der Verlag handelt, erstreckt sich auf verschiedene Länder, Kontinente oder geschichtliche Ereignisse, wie beispielsweise eine Karte der Leipziger Völkerschlacht oder ehemalige deutsche Kolonien auf der Welt.
Auch regionale Romanautoren finden im Rockstuhl-verlag eine Heimat. So präsentierte das Familienunternehmen erst kürzlich mehr als 40 Neuerscheinungen
auf der Leipziger Buchmesse, darunter auch Autoren aus Bad Langensalza und der Umgebung. „Einen Bestseller zu verlegen ist wie ein Fünfer im Lotto“, sagt Harald Rockstuhl. Das fertige Manuskript eines Autors mache aber nicht gleich ein gedrucktes Buch aus. Viele Einzelschritte müssen Verlag und Autor beschreiten, bis das eigene Buch in den Regalen zu finden ist. „Ideal ist es, wenn Autoren ihr Werk digital als Pdf-datei liefern“, sagt der Verlagsinhaber.
Der Verlag gestaltet anschließend den Umschlag des Buches, lässt den Titel drucken und übernimmt organisatorische Aufgaben wie die Listung im Buchhandel. Zur Bestseller-bekanntheit
sei es danach ein sehr harter Weg. „Neben Lesungen des Autoren sind Fleiß und ein populäres Thema wichtig, um am international umkämpften Markt wahrgenommen zu werden“, erklärt Harald Rockstuhl.
Das Verkaufsgeschäft hingegen läuft auch beim regionalen Bad Langensalzaer Verlag aktuell zu 90 Prozent über den Onlinehandel im Internet und weniger vor Ort.
Dennoch sei der persönliche Kontakt zu Autorenschaft und Kunden wichtig. „Ideen entwickeln sich bei einem gemeinsamen Schwätzchen wirklich viel besser“, resümiert der Verlagsinhaber.
Über 1000 veröffentlichte Titel seit Firmengründung
Digitale Buchvorlagen erleichtern die Arbeit
● In der Serie stellen wir Orte vor, die unter normalen Umständen nicht begehbar oder geöffnet sind. Alle Teile im Netz unter: ww.muehlhausen.tlz.de/verb orgen