Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Jeder fünfte junge Arbeitnehmer hat einen Job auf Zeit.
Befristete Arbeitsverträge bei unter 25Jährigen besonders stark verbreitet. Insgesamt 2,8 Millionen Stellen in Deutschland betroffen
FRANKFURT/MAIN. Binnen 20 Jahren hat sich die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse in Deutschland mehr als verdoppelt. Während 1996 etwa 1,3 Millionen Stellen befristet waren, stieg die Zahl bis 2015 auf 2,8 Millionen, geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Während 7,6 Prozent der weiblichen Beschäftigten Arbeitsverträge auf Zeit haben, sind es bei den Männern 6,5 Prozent. Fast jeder dritte befristet Beschäftigte arbeitet zudem für einen Niedriglohn.
Junge Leute sind den Angaben zufolge überproportional von Befristungen betroffen: So hat jeder fünfte Berufstätige zwischen 15 und 24 Jahren einen befristeten Job. Bei den 25- bis 34Jährigen sind es 13,1 Prozent. Ausländer haben mit 13 Prozent etwa doppelt so häufig eine befristete Stelle wie Deutsche.
Der Anteil befristet Beschäftigter, die für einen Niedriglohn von 10,36 Euro pro Stunde oder weniger arbeiten, ist mit 30,8 Prozent höher als im Durchschnitt aller abhängig Beschäftigten (20,6 Prozent) und fast dreimal so hoch wie der Anteil der Beschäftigten mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag (10,7 Prozent). Der Wirtschaftszweig „Erziehung und Unterricht“ist mit einem Anteil von 12,7 Prozent Spitzenreiter bei Befristungen, gefolgt vom Gastgewerbe (10,2 Prozent) und dem Gesundheitsund Sozialwesen (8,8).
Der Anteil befristeter Neueinstellungen an allen Neueinstellungen schwankt regional stark: In Bayern lag er 2015 bei 32 Prozent, in Mecklenburg-vorpommern bei 55 Prozent.
Bei der Entwicklung befristeter Beschäftigung von 1996 bis 2015 gibt es deutliche Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern. Im Osten war der Anteil befristeter Beschäftigung bereits 1996 mit 6,6 Prozent relativ hoch, er ist aber dann in einigen Bundesländern gesunken. Im Westen war er 1996 mit 3,2 Prozent niedriger, ist dafür aber bis 2015 angewachsen. So hat sich die Zahl zeitlich befristeter Arbeitsverträge in Nordrhein-westfalen in 20 Jahren fast verdreifacht.
Jutta Krellmann, Sprecherin der Linksfraktion für Arbeit und Mitbestimmung, kritisierte: „Befristete Arbeitsverträge wirken wie die Anti-baby-pille.“Die Zukunftsplanung bedürfe der Sicherheit eines unbefristeten Jobs. Unbefristete Arbeitsverhältnisse müssten wieder die Regel werden. Sachgrundlose Befristungen, die fast die Hälfte aller Zeitverträge ausmachen, sollten abgeschafft werden, fordert die Linke. (epd)