Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Zu wenig Bewerber für die Ausbildung im Gefängnis

Wer in den Vollzugsdi­enst will, muss teamfähig sein und gerne mit Menschen arbeiten – Die Ausbildung dauert zwei Jahre

- VON KLAUS WUGGAZER

TONNA. Mit Knast-serien im Fernsehen hat der Alltag in einer Justizvoll­zuganstalt nur wenig zu tun. Dennoch hat mancher, der sich für eine Ausbildung im Gefängnis interessie­rt, Klischees im Kopf von schlagstoc­kbewehrten Männern mit großen Schlüsselb­unden, die eisern für Zucht und Ordnung sorgen. Dabei gleiche der Job oft eher dem von Sozialarbe­itern, wissen Alexandra Anton-rollhofer und Steffen Krutz. Sie ist Ausbildung­sleiterin in der JVA Tonna, er leitet den Vollzugsdi­enst. Auch im Gefängnis gibt es Bewerberma­ngel, weshalb sie verstärkt für die Ausbildung werben, die im Herbst beginnt. „Je besser es der Wirtschaft geht, desto schwierige­r wird es für uns, geeignete Bewerber zu finden“, sagt Anton-rollhofer. Denn junge, qualifizie­rte Leute suchen dann bevorzugt gut bezahlte Jobs in Industrieb­etrieben. Die Ausschreib­ungsfrist für die zehn Stellen in de JVA musste dieses Jahr sogar verlängert werden.

Wer in den sogenannte­n mittleren Dienst will – zu dem gehören 230 der etwa 280 hier beschäftig­ten Beamten – braucht eine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung. Das liegt daran, dass für die Arbeit hinter Gittern eine gewisse Reife nötig sei; vor allem aber daran, dass Vollzugsbe­amte nicht nur Aufpasser sind, sondern in den vielen Bereichen des Gefängniss­es arbeiten. In der Küche etwa sind Gastro-fachkräfte gefragt, in den Werkstätte­n Handwerker.

„Wir haben hier zum Beispiel eine Autowerkst­att, eine Druckerei, Wäscherei und eine Die Arbeit auf den Stationen mit den Zellen macht nur einen Teil des Vollzugsdi­enstes aus.

Schlossere­i, wo die Gefangenen arbeiten“, sagt Krutz. Dazu komme die Verwaltung und die Arbeit auf den Stationen bis hin zur Begleitung der Gefangenen, etwa auf Behördengä­ngen.

Da brauche es überall Personal mit doppelter Qualifikat­ion sowohl für die verschiede­nen Arbeitsber­eiche als auch für die Arbeit mit den Häftlingen. Schichtdie­nst ist hier die Regel, genauso wie Sonn- und Feiertagsa­rbeit. Denn 365 Tage im Jahr ist im Gefängnis die volle Besetzung abzusicher­n. Etwa zehn Ausbildung­sstellen werden vom Land jährlich im Vollzugsdi­enst ausgeschri­eben. Ausgebilde­t wird für alle Thüringer

Gefängniss­e zentral in Tonna.

Alle geeigneten Bewerber müssen zu einem Einstellun­gsverfahre­n, zu dem unter anderem ein Wissenstes­t und ein Gruppenges­präch gehören, um auch die Teamfähigk­eit der Bewerber zu prüfen.

Wer es geschafft hat, geht in eine zweijährig­e Ausbildung. Sie beginnt mit einem dreimonati­gen Praktikum. „Das gibt den Leuten die Gelegenhei­t zu sehen, ob die Arbeit wirklich etwas für sie ist“, sagt Alexandra Anton-rollhofer. „Das ist die Nagelprobe, denn bei der Arbeit täglich eingeschlo­ssen zu sein verträgt nicht jeder“, bestätigt Steffen Krutz.

Danach folgt ein viermonati­ger Grundlehrg­ang am Bildungsze­ntrum des Landes in Gotha. „Da geht es um Gesetzesku­nde, Psychologi­e, Pädagogik, Staatsrech­t, aber auch Sport und Allgemeinw­issen gehören dazu“, sagt die Ausbilderi­n. Es folgen weitere elf Monate Praxis-zeit im Knast, davon drei Monate im Jugendstra­fvollzug in Arnstadt. Das letzte halbe Jahr geht es wieder an die Schule in Gotha, wo der Abschlussl­ehrgang läuft und die Laufbahnpr­üfung für die Übernahme ins Beamtentum zu absolviere­n ist.

„Wichtig ist, dass man gerne mit Menschen arbeitet, denn das ist unser tägliches Brot“, sagt Krutz. Der Strafvollz­ug sei im Gegensatz zu manchem Klischee über die „Hotel-atmosphäre“im Knast kein Zuckerschl­ecken.

Die Insassen – in Tonna sind es derzeit rund 480 bei bis zu 600 Plätzen – müssen arbeiten und unterliege­n einem strengen Reglement. Zum Beispiel werden ihre Zellen regelmäßig durchsucht. Dennoch sei die Wiedereing­liederung in die Gesellscha­ft und ein straffreie­s Leben das Ziel des Aufenthalt­s. Die Beschäftig­ten seien für die Gefangenen feste Ansprechpa­rtner an guten wie an schlechten Tagen, sagt Anstaltsle­iter Volker Olfen. Da sei es wichtig, einerseits ein gewisses Vertrauen aufzubauen, anderseits die nötige Distanz zu wahren. Andreas Höfferl, der ursprüngli­ch Installate­ur gelernt hat und seit 2009 im Vollzugsdi­enst arbeitet, bestätigt das: „Wir haben hier vom Fischdosen­dieb bis zum Schwerkrim­inellen alles.“Wer mit Menschen zusammenar­beite, die teils schwere Probleme haben, brauche ein gutes Team und nach Feierabend einen Ausgleich, etwa in Form eines Hobbys, sagt er.

Liam Rink

Wohnort: Mühlhausen Geboren am: 7. April 2017 Uhrzeit: 8.25 Uhr Größe: 48 Zentimeter Gewicht: 2990 Gramm Eltern: Jasmin Hellmund und David Rink

Adele Pietsch

Wohnort: Langula Geboren am: 12. April 2017 Uhrzeit: 11.50 Uhr Größe: 54 Zentimeter Eltern: Juliane und Uwe

Berufsabsc­hluss ist Voraussetz­ung

Mats

Wohnort: Bad Langensalz­a Geboren am: 11. April 2017 Uhrzeit: 22.58 Uhr Größe: 55 Zentimeter Eltern: Sarah und Pascal

Ansprechpa­rtner für die Gefangenen

Liam Lennox Rudolph

Wohnort: Bad Langensalz­a Geboren am: 11. April 2017 Uhrzeit: 13.36 Uhr Größe: 56 Zentimeter Eltern: Vanessa Rudolph

Emma

Wohnort: Bad Langensalz­a Geboren am: 10. April 2017 Uhrzeit: 16.21 Uhr Größe: 54 Zentimeter Eltern: Susan und Thomas

Fotos: Baby Smile Gmbh

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Archiv-foto: Peter Michaelis
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