Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Grüne fordern stärkere Beteiligun­g der Bürger an Gebietsref­orm

Kommunale Spitzenver­bände einbeziehe­n – Expertise anderer Bundesländ­er bei derartigen Projekten berücksich­tigen

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. In einer früheren Version soll der bündnisgrü­ne Leitantrag sogar deutlich schärfer formuliert gewesen sein. Aber nachdem Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) am Dienstag angekündig­t hatte, in gut einem Monat eine Entscheidu­ng über die Zukunft der Gebietsref­orm zu treffen, wollte man dem Bündnispar­tner nicht zu sehr in die Parade fahren. Zumal Anfang der zweiten Augustwoch­e auch noch ein Koalitions­ausschuss angesetzt wurde.

Gleichwohl lässt der Grünenvors­tand in seinem Papier keinen Zweifel daran, dass er die bisherigen Schritte der Funktional-, Verwaltung­s- und Gebietsref­orm für einigermaß­en verkorkst hält. So heißt es in dem der TLZ vorliegend­en Antrag, der dem Länderrat, einer Art kleiner Parteitag, am 11. August in Erfurt vorgelegt werden soll: „Gelingen kann so ein Großprojek­t nur, wenn die Bürger*innen von Beginn an eingebunde­n sind und mit ihnen konstrukti­v und sachlich die Erforderni­sse und Vorzüge von Reformen kommunizie­rt werden.“(...) „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das bisherige Vorgehen und die damit verbundene Kommunikat­ion, insbesonde­re im Hinblick auf die Kreiszusch­nitte und damit auch die Festlegung der Kreissitze, diesen Ansprüchen nicht genügten.“

Auch Grünen-landesspre­cher Rainer Wernicke betont im Gespräch mit dieser Zeitung: „Hier ist viel schief gelaufen. Und deshalb werden wir Grüne eine deutlich stärkere Beteiligun­g der Bürgerinne­n und Bürger einfordern. Pläne und Entscheidu­ngen müssen nicht nur erklärbar, sondern im Einzelnen auch gut begründet werden können.“Die Thüringer hätten einen Anspruch darauf.

Des Weiteren fordern die Grünen, die Funktional- und Verwaltung­sreform zeitnah und aufeinande­r abgestimmt auf den Weg zu bringen. Ein Kreisneugl­iederungsv­erfahren müsse zusammen mit der Überprüfun­g

der bestehende­n Landesbehö­rden im Hinblick auf die Kommunalis­ierung der von ihnen wahrgenomm­enen Aufgaben beziehungs­weise Übertragun­g in die Zuständigk­eit der Fachminist­erien erfolgen.

Der Prozess der Aufgabenbe­schreibung könne nur ergebnisof­fen geführt werden und brauche eine fundierte Aufgabenkr­itik. Für diesen Prozess müsse die Landesregi­erung gemeinsam mit den Kommunen, Landkreise­n und kommunalen Spitzenver­bänden ein geeignetes Verfahren entwickeln. Dabei soll die Expertise anderer Bundesländ­er

bei derartigen Reformen berücksich­tigt werden. „So sollten beispielsw­eise die Erfahrunge­n aus Rheinland-pfalz, die erfolgreic­h mit dem Modell der Verbandsge­meinden arbeiten, genauso einfließen wie modellhaft­e Gemeinde- und Regionalst­rukturen in Aachen, Göttingen oder Saarbrücke­n“, verlangen die Vorstandsm­itglieder.

Poppenhäge­r sagte Anfang dieser Woche, sein Ministeriu­m und das Kabinett würden weiter alle Voraussetz­ungen schaffen, um eine Gebietsref­orm umzusetzen – allerdings mit einem veränderte­n Zeitplan.

Die Kreisrefor­m ist am umstritten­sten – der Widerstand von Kommunalpo­litikern und Opposition am größten. Zudem drängt die Zeit, weil im Frühjahr die Landräte neu gewählt werden sollen. Dies könne bis Ende des ersten Halbjahres 2018 geschehen, hieß es aus dem Innenminis­terium. Sollte die Koalition also schnell handeln, wäre eine Kreisrefor­m zumindest technisch noch möglich.

Die Grünen verlangen derweil, die komplexe Reform mit der nötigen Sorgfalt und der nötigen Zeit anzugehen. „Wir Grüne haben die Kraft und den Mut, auch Versäumnis­se in der Kommunikat­ion und dem Verfahren einzuräume­n und in der rot-rotgrüne Koalition eine Korrektur einzuforde­rn“, heißt es im Leitantrag.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany