Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Kunst der Außenseiter
Lindenaumuseum zeigt Werke von sieben Italienern, die kaum Schulbildung hatten oder als verrückt galten
ALTENBURG. Der Künstler Dino Daolio Duren (1914-1983) stammte aus einfachsten Verhältnissen. Die Schule besuchte er nur unregelmäßig, da er dem Vater helfen musste. Nachdem er Jahre im Straßenbau gearbeitet hat, macht er eines Tages seinen Lebenstraum wahr. Er kauft sich ein Boot, um künftig seinen Unterhalt als Fischer auf dem Po zu verdienen. Mehr als 30 Jahre holt er nachts die Netze ein, damit seine Frau die Fische tags darauf verkaufen kann. Als Duren schwer an Asthma erkrankt und die Fischerei aufgeben muss, beginnt er zu malen. Sein Motiv ist immer dasselbe: der von ihm so geliebte italienische Strom. Auf diese Weise holt er den Po in die heimische Stube.
Italienische Außenseiter-künstler wie Duren stellt ab Sonntag die Sommerausstellung des Lindenau-museums Altenburg „Bella Italia“vor. Die 100 Bilder von sieben weitgehend unbekannten Malern aus dem Norden des Landes sind Leihgaben des Heidelberger Museums Haus Cajeth – ein Spezialmuseum für „Primitive Malerei im 20. Jahrhundert“.
Begründet wurde es vom gebürtigen Leipziger Egon Hassbecker (1924-2013), der Anfang der 50er Jahre in den Westen übersiedelte. Nach schweren schicksalhaften Jahren, in denen er unter anderem an Tuberkulose erkrankte, eröffnet Hassbecker Mitte der 60er Jahre nahe Heidelberg eine Hinterhofbuchhandlung nebst Galerie. Darüber hinaus sammelt er auf vielen Reisen durch Europa Kunst von Außenseitern – von Zeichnern und Malern, die kaum Schulbildung genossen haben, dem einfachsten Arbeiter- und Tagelöhner-milieu entstammen oder gar als verrückt gelten.
Den Begriff Primitive Malerei verstand Museumsgründer Hassbecker keineswegs abfällig. Vielmehr wollte er seine Sammlung bewusst von der damals populären Naiven Kunst abgrenzen. Für Hassbecker war die Naive Malerei nur eine gehypte, gekünstelte Modeerscheinung.
Der Direktor des Lindenau-museums Roland Krischke kennt das Museum Haus Cajeth, das Hassbecker 1982 in Heidelberg eröffnete, seit vielen Jahren. Als Student arbeitete er dort zwei, drei Tage die Woche. „Damals hat meine Begeisterung für Museumsarbeit ihren Anfang genommen“, sagt Krischke.
Neben dieser persönlichen Note war der Bezug beider Häuser zu Italien Anlass, die bis 15. Oktober dauernde Ausstellung in Altenburg zu zeigen. Der wichtigste Schatz des Lindenau-museums ist die Sammlung Italienischer Tafelbilder. Deren Schöpfer, die frühen Renaissancekünstler, wurden zeitweise in der Kunstgeschichte ebenfalls als „Primitive Italiener“bezeichnet.
Neben Außenseiter Duren sind etwa auch die eigenständigen Bildschöpfungen des einstigen Landarbeiters Pellegrino Vignali zu sehen, der weder lesen noch schreiben konnte. Auch er begann erst im hohen Alter zu malen. Seine Motive – vornehmlich Gesichter mit großen Augen – erinnern in ihre Zweidimensionalität an die Kunst früher Völker.
Trotz der traurigen Biografien sind die meisten Bilder farbenfroh und voller Optimismus.
● . Juli bis . Oktober, Di-fr - Uhr, Sa/so - Uhr