Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Fast ein ganzes Leben lang an derselben Schule
Elisabeth Rost war erst Schülerin unddann 42 Jahre lang Lehrerin an der Albertschweitzerschule in Thamsbrück
THAMSBRÜ CK. Wenn in zwei Wochen die Schule beginnt, dann bleibt Elisabeth Rost zu Hause – zum ersten Mal nach 42 Jahren. Denn die Lehrerin ist jetzt im Ruhestand. Ihr Leben lang hat sie an der Albertschweitzer-grundschule in Thamsbrück unterrichtet. Mehr noch: Sie stammt auch aus dem Städtchen, wohnt dort und ist selbst bis zur 10. Klasse in diese Schule gegangen.
Wenn man die vierjährige Ausbildung am Institut für Lehrerbildung in Meiningen einrechne, „war ich also nur zehn Jahre meines Lebens nicht an dieser Schule“, sagt die 62-jährige, die damit wohl fast jeden im Ort persönlich kennt, Schüler, Eltern und Großeltern. Einer ihrer ehemaligen Schüler sei heute Chef ihres Mannes. 16 Schüler hatte ihre letzte Klasse, von zwölf davon hat sie bereits deren Eltern unterrichtet.
Auf der Straße im Ort werde „Frau Roooooost“ständig gegrüßt, erzählt ihre Tochter Kathrin, die zurzeit mit den Enkeln Paula und Hermine zu Besuch ist. Auch sie ist Kunstlehrerin, an einem Gymnasium in Melsungen. „Da haben die Gene durchgeschlagen.“
Denn Elisabeth Rost war nicht nur Grundschullehrerin. Angefangen hat sie einst im Hort. Nach ihrer Absolventenzeit unterrichtete sie die Klassen 1 bis 9 in Kunst. Die ist schon immer ihre Leidenschaft. Und obwohl sie „ein schüchternes Mädchen“ gewesen sei, habe ein Lehrer sie gedrängt, den Pädagogenberuf zu ergreifen.
In der Ausbildung sei sie dann über sich hinausgewachsen. Und 1981 verließ sie den Hort und übernahm ihre erste Grundschulklasse. Immer war der Beruf für sie Berufung, quasi 24 Stunden am Tag. Begeistert habe sie in der Aufbruchstimmung nach der Wende neue Lernmethoden in sich aufgesogen, berichtet Elisabeth Rost.
Und sie engagierte sich immer, um den Schulalltag besonders zu gestalten. Mit Schulabgängern pflanzte sie Bäume, organisierte Ausstellungen mit Schüler-werken und war Kunstfachberaterin für Grundschulen der ganzen Region. In der Bibliothek rief sie ein Leseförderprojekt ins Leben, bei dem bis heute ältere Bürger regelmäßig mit Kindern üben.
Auch wenn sie weit weg ist von den Klagen mancher ihrer Kollegen: Ein wenig verändert habe sich die Schule im Lauf der Jahre schon. Lehrer hätten nicht mehr so viel sozialen Rückhalt wie früher; manche Eltern wälzen ihre Verantwortung für die Kinder auf die Schule ab; andere Eltern seien überengagiert beim Bemuttern ihrer Kinder.
Auch die zunehmende Integration von behinderten Kindern lasse einen manchmal an Grenzen stoßen. „Aber wenn es mal Probleme gab, hat mir oft die Kunst geholfen.“Wichtig sei, positive Rückmeldungen zu bekommen. Dazu muss Elisabeth Rost in Thamsbrück eigentlich nur auf die Straße gehen. Jetzt, wo sie über 60 sei, lasse auch manchmal die Kraft nach, weshalb sie zwar noch guten Kontakt zur Schule halten werde, aber ihren Ruhestand genieße, sagt sie.
Nun habe sie mehr Zeit für die Enkel, den Garten, die künstlerische Betätigung. Ihren letzten Zuckertütenbaum hat sie mitgenommen: „Mal sehen was ich draus gestalte.“
Auch reisen wird sie. Besonders Asien hat es ihr angetan. Und auch privat ist sie engagiert. Für einen Jungen aus Myanmar hat sie einmal eine Spendenaktion initiiert, damit er eine für eine Beinprothese bekam. Im Herbst, wenn auch ihr Mann den Ruhestand erreicht, geht es nach Kambodscha.