Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Der Brexit, ein Ehekrach in der EU
Eine satirische Betrachtung
MÜHLHAUSEN. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Willkommen bei unserer ersten Episode von „Goodbye Europa – Die Auswanderer“. Es freut mich, Sie hier begrüßen zu dürfen. Wie Sie vielleicht gerade sehen, sind wir im lieblichen Europa. Im kleinen England leben, bescheiden wie sie sind, das Ehepaar Bevölkerung und Regierung. Sie sind schon seit einigen Jahren verheiratet, sagen von sich selbst, sie wären ein unschlagbares Team („Wir waren schon früher eine Großmacht!“) und auch wenn es ab und zu einen Streit gibt, so werden immer fast einheitlich die Entscheidungen beschlossen („Stimmt nicht!“– „Doch!“– „Gar nicht!“– „Nur weil du manchmal kein Mitspracherecht hast!“).
So auch heute. Einige Monate zuvor gab es bereits Diskussionen über die zukünftigen Schritte – nun haben sie sich endlich entschieden. Veränderung muss her! Ein Abenteuer, etwas Gefährliches, etwas Neues, etwas Großes, ein Skandal, um weiterhin in Ruhe Tee trinken zu können, und nicht immer die Milch alle ist, weil Flüchtlinge danach fragen und man als typischer Brite natürlich nicht Hilfe verweigert.
Nach kurzer Überlegung und einem kleineren Ehekrach steht die Entscheidung fest: „Wir verlassen Europa und ziehen um!“
Bevölkerung sagt dazu noch: „Ich habe wirklich lange mit mir gehadert. Ernsthaft! Sollen wir Europa verlassen? Es ist einfach alles da. Außerhalb von Europa müssen wir ja praktisch neu anfangen. Aber Regierung versicherte mir schon, dass er das Jagen nach Nahrung übernimmt. Fischen. Wir ziehen noch weiter ins Meer. Und ich werde dafür sorgen, dass das Feuer stets entfacht bleibt. Damit wir alles grillen können, was sich als Hindernis in den Weg stellt.“
Regierung verriet uns im Einzelinterview: „Eigentlich habe ich noch gar keinen Plan. Aber ich wollte mal was Neues machen, verstehen Sie? Ich bin’s leid. All die Leute hier – Pfff … Ich habe noch keinen Plan, wie ich das alles außerhalb Europa dann manage. Vermutlich werden wir erstmal ein wenig hungern, bis wir uns an die Gegend gewöhnt haben und sie erkundet haben. Aber wissen Sie was? Letztendlich geht die Welt irgendwann unter! Und da dachte ich mir: Europa auch. Und Europa kenne ich schon. Ich will woanders sterben. Und dann ist das eben außerhalb davon. Basta!“