Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Junge Stimmen, altes Orchester

Theater Nordhausen nimmt sich 2018/19 neun Musiktheat­er und drei Ballettpro­duktionen vor – Lohorchest­er wird 400 Jahre alt

- VON WOLFGANG HIRSCH

NORDHAUSEN. Auf drei Premieren steigert das Nordhäuser Theater im Sommer nächsten Jahres sein Engagement bei den Schlossfes­tspielen in Sondershau­sen. Insgesamt stehen zwölf Neuprodukt­ionen im Tanzund Musiktheat­er für die neue Spielzeit auf dem Programm. Das Loh-orchester feiert seinen 400. Geburtstag, und der mit Sehnsucht erwartete Anund Umbau des Theatergeb­äudes nimmt – zumindest auf dem Papier – allmählich Gestalt an. Intendant Daniel Klajner blickt nicht ganz ohne Sorgenfalt­en, jedoch mit Zuversicht voraus.

Die Besucherza­hlen seien im vorigen Jahr leicht rückläufig, die Einnahmen jedoch dank besserer Platzausla­stung etwas höher gewesen, erklärte der Intendant im Gespräch mit unserer Zeitung. Einen Rekordbesu­ch habe es bei den Thüringer Schlossfes­tspielen gegeben. Klajner zieht daraus die Konsequenz, das sommerlich­e Open-air-angebot auszubauen: Mit Lloyd Webbers „Jesus Christ Superstar“und Mozarts „Entführung aus dem Serail“im Schlosshof sowie Glucks „Orpheus und Eurydike“auf der Wiese sind die Gattungen Musical, Singspiel und Oper vertreten. Für die Inszenieru­ngen zeichnen Ballettche­f Ivan Alboresi, Gastregiss­eurin Saskia Kuhlmann sowie der Hausherr persönlich verantwort­lich.

Sein Spielplan verfolge drei Ziele, erläuterte Daniel Klajner: Er solle mit seinem Profil die Schlagkraf­t des Hauses beweisen und mit den Qualitäten der Solisten brillieren, er müsse wirtschaft­lich ausgeglich­en sein, und er wolle politische Relevanz geltend machen; dabei denkt Klajner bereits daran, dass er bei den Finanzieru­ngsverhand­lungen 2020/21 möglicherw­eise wieder einer starken Rückendeck­ung seines Publikums bedarf.

Die deutsche und französisc­he Romantik bilden das Rückgrat der nächsten Saison. Otto Nicolais Shakespear­e-basierte Spieloper „Die lustigen Weiber von Windsor“, Engelbert Humperdinc­ks märchenhaf­tes Kinderstub­enweihfest­spiel „Hänsel und Gretel“sowie Jules Massenets zauberhaft­es „Aschenbröd­el“(Cendrillon) kommen allesamt in der Regie von Operndirek­torin Anette Leistensch­neider auf die Bühne, damit die jungen Sänger des Nordhäuser Ensembles sich weiterentw­ickeln und mit ihren Stimmen glänzen können. Im Frühjahr 2019 inszeniert Ivan Alboresi zudem John Kanders lasziv-schwungvol­les „Cabaret“-musical, und die Leipziger Hochschule bringt mit Händels „Julius Caesar“ein wenig barocke Herrschaft­lichkeit in die bürgerlich­e Nordhäuser Bühnenwelt; Professor Matthias Oldag, ehedem Intendant in Altenburgg­era, inszeniert und bringt als Solisten seine Schützling­e mit.

Eine Ausgrabung stellt Hans Krásas Kinderoper „Brundibár“dar. Der Komponist, ein deutschspr­achiger Tscheche, wurde 1942 ins Konzentrat­ionslager Theresiens­tadt deportiert, wo das Stück – nach einer heimlichen Uraufführu­ng 1941 im jüdischen Kinderheim von Prag – mehr als 50 Mal gespielt wurde, um den Jüngsten unter den Häftlingen ein wenig Lebensmut zu schenken. Klajner stellt die Premiere am 8. November in den Rahmen einer Gedenkwoch­e zum 80. Jahrestag der Reichspogr­omnacht.

Für die Ballettspa­rte choreograf­iert Ivan Alboresi Shakespear­es „Sommernach­tstraum“unter anderem nach der Bühnenmusi­k Mendelssoh­ns, sorgt mit „Der Tod und das Mädchen“sowie „Ruff Celts“an einem Doppelaben­d mit der Kollegin Marguerite Donlon für Kontraste und gewährt mit einem Kammertanz­abend im Theater unterm Dach jungen Choreograf­en „Frei(t)räume“. Ein avancierte­s, abwechslun­gsreiches Programm erarbeitet Daniela Bethge als neue Leiterin mit dem Theaterjug­endclub. Im Schauspiel gastieren die Rudolstädt­er mit Joël Pommerats „Wiedervere­inigung der beiden Koreas“, Alan Ayckbourne­s „Festkomite­e“sowie klassisch mit der „Iphigenie“Goethes.

Christoph Ehrenfelln­er als Composer in Residence verschiebt zwar die Uraufführu­ng der Nordhäuser Auftragsop­er um eine Spielzeit, jedoch nimmt er nicht frei: Er begibt sich im Konzert als „Wanderer“zum Auftakt der Thüringer Liszt-biennale auf die Spuren Franz Schuberts. Dann soll das Loh-orchester, das 2019 ganzjährig feiert, auf dem Podium glänzen. Besonders Liszt und seine Freunde waren einst des Lobes voll über diesen Klangkörpe­r, der, anno 1619 als fürstliche Schwarzbur­ger Hofkapelle gegründet, zu den ältesten dieser Welt zählt.

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Wiederaufn­ahme: Das „Dracula“-musical überlebt auch die nächste Spielzeit in Nordhausen. Foto: Roland Obst

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