Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Glücksgefühle
Thüringer liegen nur im Osten vorn
Was für ein Glück: Die Thüringer sind, was das Glücklichsein betrifft, im Osten nicht etwa das Schlusslicht, sondern der Spitzenreiter. Unverschämt glücklich sind sie deshalb aber noch lange nicht. Denn im bundesweiten Vergleich gelten sie dem Glücksatlas zufolge eher als unzufrieden. Heißt: Die niedrige Arbeitslosenquote allein, die Freiheit, Lebensentscheidungen treffen zu können, eine einzigartige Landschaft und ein großes kulturelles Angebot für kleine Alltagsfluchten reichen nicht aus, damit die Menschen zufrieden(er) sind.
Viele Thüringer ärgert es, dass sie fast 30 Jahre nach der Wende im Schnitt noch immer weniger verdienen als ihre Brüder und Schwestern im Westen. Und es wurmt sie, dass sie trotz einer boomenden Wirtschaft oft nur befristet oder als Leiharbeiter beschäftigt sind. Sicher: Geld allein macht nicht glücklich. Aber ein Blick nach Norden, wo mit den Dänen das glücklichste Volk der Welt lebt, zeigt, dass es zur Zufriedenheit eben doch maßgeblich beiträgt, wenn die Einkommensunterschiede gering sind und sich nicht nur wenige, sondern die meisten einen hohen Lebensstandard leisten können. Zwar gibt es auch dort wegen der niedrigen Hürden für Einstellung und Kündigung relativ wenige, die viele Jahre ein- und denselben Job haben. Doch wer arbeitslos wird, ist es in Dänemark dank gut ausgebauter Arbeitsvermittlung in der Regel nur für kurze Zeit und ohne empfindliche finanzielle Einbußen.
Wer die Thüringer glücklicher machen will, sollte also endlich eine Schippe draufpacken: beim Einkommen, bei Respekt und Wertschätzung für die, die sich anstrengen – und erst recht beim Vertrauen in die Politik.