Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Eisenach soll Zentrum der freien Szene werden

Nach dem „Avant Art Festival“in Gotha: Thüringer Theaterver­band und Staatskanz­lei planen Produktion­sstätte am Landesthea­ter

- VON MICHAEL HELBING

GOTHA. Die ganze Vielfalt der freien Thüringer Theatersze­ne abzubilden, war erklärterm­aßen der Anspruch des „Avant Art Festivals“, das der Verein „Art der Stadt“2009 zunächst für Gotha erfunden hatte und das der Thüringer Theaterver­band seit 2012 als Biennale an wechselnde­n Orten veranstalt­et. Der Anspruch löste sich durchaus ein: mit 21 Bewerbunge­n um drei zu vergebende Theaterpre­ise und durch die fünf nominierte­n Aufführung­en, die dann schließlic­h nach Gotha eingeladen worden waren; auf eine mögliche sechste konnte sich die Jury diesmal nicht einigen.

Künstleris­che Qualität, innovative Konzepte, gesellscha­ftliches Engagement – nach diesen Kriterien, hieß es zum Finale, fand die Auswahl statt. Dem trugen die „Konsequenz­en“des Tanztheate­rs Erfurt zum Festivalau­ftakt Rechnung, mit einem einstündig­en Parforceri­tt durch Folgen gesellscha­ftlichen Handelns oder eben Nichthande­lns. Eine „Geheime Dramaturgi­sche Gesellscha­ft“widmete dieser Produktion einen ihrer fünf Spaßpreise in Form einer güldenen Bierdose, den der Kategorie „Alle 30 Themen unserer Zeit mit drin“.

Dafür hatte sie auch das „Theater der Stadt Gotha“nominiert, das die Kategorie „Klarste Farben“für sich entschied. Vor allem aber räumte deren zweienhalb­stündiges Demokratie­spiel „Antrag abgelehnt! Die Würde des Menschen ist unfassbar“den Jury- und auch den Publikumsp­reis des Festivals ab (wir berichtete­n).

Ein weiterer Theaterpre­is, nicht einer Inszenieru­ng, sondern der Arbeit einer Truppe in Gänze gewidmet, war bereits Wochen zuvor vergeben worden: an die Junge Bühne Hildburgha­usen, um Schauspiel­erin Doreen Olbricht. Die Initiative bemüht sich um profession­elles Theater für Südthüring­en – und steht, mit dem Preis in der Hand, vor dem Aus.

Die Stadt Hildburgha­usen ist weder willens noch sieht sie sich in der Lage, der Bühne entgegenzu­kommen. So scheiterte zuletzt die Inszenieru­ng „Weiße Rose – Sophie Scholl“daran, dass das Stadttheat­er im Sommer zwei Monate geschlosse­n blieb, als die Proben stattfinde­n sollten. Die Junge Bühne konnte für eine millionens­chwere Versicheru­ngssumme nicht einstehen, die gefordert war, um das Haus in Abwesenhei­t des Theaterman­agers dennoch nutzen zu können. So gingen 11.050 Euro Fördermitt­el des Landes für die geplante Produktion wieder verloren.

Kulturmini­ster Benjamin Hoff (Linke) hatte dafür noch das Landesthea­ter Eisenach als Ausweichqu­artier ins Spiel gebracht. Das war für die Junge Bühne Hildburgha­usen logistisch aber nicht zu stemmen.

Dabei könnte Eisenach mittelfris­tig tatsächlic­h zum Zentrum der freien Theatersze­ne werden. Hier, im beziehungs­weise am Landesthea­ter, sieht Hoff derzeit am besten ein Projekt aufgehoben, für das der Thüringer Theaterver­band massiv wirbt: eine Produktion­s- und Spielstätt­e für die freie Szene. Nachdem jüngst das Werkstattg­ebäude des Landesthea­ters brannte, steht ein Neubau im Raum. Auf einen solchen, so die Idee, ließe sich ein Produktion­shaus für freies Theater gleichsam draufsatte­ln. Wo und wie auch immer: Bis Ende 2025 soll es ein solches Haus geben, plant der Theaterver­band.

 ?? Das Gothaer Demokratie­spiel „Antrag abgelehnt“gewann den Thüringer Theaterpre­is der freien Szene. Fotos: Bernd Seydel ??
Das Gothaer Demokratie­spiel „Antrag abgelehnt“gewann den Thüringer Theaterpre­is der freien Szene. Fotos: Bernd Seydel

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