Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Eisenach soll Zentrum der freien Szene werden
Nach dem „Avant Art Festival“in Gotha: Thüringer Theaterverband und Staatskanzlei planen Produktionsstätte am Landestheater
GOTHA. Die ganze Vielfalt der freien Thüringer Theaterszene abzubilden, war erklärtermaßen der Anspruch des „Avant Art Festivals“, das der Verein „Art der Stadt“2009 zunächst für Gotha erfunden hatte und das der Thüringer Theaterverband seit 2012 als Biennale an wechselnden Orten veranstaltet. Der Anspruch löste sich durchaus ein: mit 21 Bewerbungen um drei zu vergebende Theaterpreise und durch die fünf nominierten Aufführungen, die dann schließlich nach Gotha eingeladen worden waren; auf eine mögliche sechste konnte sich die Jury diesmal nicht einigen.
Künstlerische Qualität, innovative Konzepte, gesellschaftliches Engagement – nach diesen Kriterien, hieß es zum Finale, fand die Auswahl statt. Dem trugen die „Konsequenzen“des Tanztheaters Erfurt zum Festivalauftakt Rechnung, mit einem einstündigen Parforceritt durch Folgen gesellschaftlichen Handelns oder eben Nichthandelns. Eine „Geheime Dramaturgische Gesellschaft“widmete dieser Produktion einen ihrer fünf Spaßpreise in Form einer güldenen Bierdose, den der Kategorie „Alle 30 Themen unserer Zeit mit drin“.
Dafür hatte sie auch das „Theater der Stadt Gotha“nominiert, das die Kategorie „Klarste Farben“für sich entschied. Vor allem aber räumte deren zweienhalbstündiges Demokratiespiel „Antrag abgelehnt! Die Würde des Menschen ist unfassbar“den Jury- und auch den Publikumspreis des Festivals ab (wir berichteten).
Ein weiterer Theaterpreis, nicht einer Inszenierung, sondern der Arbeit einer Truppe in Gänze gewidmet, war bereits Wochen zuvor vergeben worden: an die Junge Bühne Hildburghausen, um Schauspielerin Doreen Olbricht. Die Initiative bemüht sich um professionelles Theater für Südthüringen – und steht, mit dem Preis in der Hand, vor dem Aus.
Die Stadt Hildburghausen ist weder willens noch sieht sie sich in der Lage, der Bühne entgegenzukommen. So scheiterte zuletzt die Inszenierung „Weiße Rose – Sophie Scholl“daran, dass das Stadttheater im Sommer zwei Monate geschlossen blieb, als die Proben stattfinden sollten. Die Junge Bühne konnte für eine millionenschwere Versicherungssumme nicht einstehen, die gefordert war, um das Haus in Abwesenheit des Theatermanagers dennoch nutzen zu können. So gingen 11.050 Euro Fördermittel des Landes für die geplante Produktion wieder verloren.
Kulturminister Benjamin Hoff (Linke) hatte dafür noch das Landestheater Eisenach als Ausweichquartier ins Spiel gebracht. Das war für die Junge Bühne Hildburghausen logistisch aber nicht zu stemmen.
Dabei könnte Eisenach mittelfristig tatsächlich zum Zentrum der freien Theaterszene werden. Hier, im beziehungsweise am Landestheater, sieht Hoff derzeit am besten ein Projekt aufgehoben, für das der Thüringer Theaterverband massiv wirbt: eine Produktions- und Spielstätte für die freie Szene. Nachdem jüngst das Werkstattgebäude des Landestheaters brannte, steht ein Neubau im Raum. Auf einen solchen, so die Idee, ließe sich ein Produktionshaus für freies Theater gleichsam draufsatteln. Wo und wie auch immer: Bis Ende 2025 soll es ein solches Haus geben, plant der Theaterverband.