Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Sprachassi­stenten mit Display kommen

Nachdem smarte Lautsprech­er wie Amazon Echo und Google Home die Wohnzimmer erobert haben, kommt die nächste Entwicklun­gsstufe

- VON JAN MÖLLEKEN

BERLIN. Smarte Lautsprech­er wie Amazon Echo oder Google Home wissen mittlerwei­le beachtlich viel: Wie sind aktuelle Sportergeb­nisse? Wie wird das Wetter, hat der Supermarkt noch geöffnet und wann feiert die Kanzlerin Geburtstag? Alexa und Co. geben Antwort – man muss sie nur fragen. Wer aber mal probiert hat, eine günstige Bahnverbin­dung über einen smarten Lautsprech­er zu finden, kennt auch die Grenzen der Sprachassi­stenten. Manche Informatio­nen lassen sich schlicht viel besser auf einem Bildschirm darstellen. Bisherige Versuche, Sprachassi­stenten mit einem Display zu verheirate­n, überzeugte­n jedoch nicht.

Das dürfte sich bald ändern: Seit dem gestrigen Donnerstag gibt es die grundlegen­d überholte, zweite Version von Amazons Echo Show zu kaufen. Und Anfang der Woche stellten mit Facebook und Google zwei weitere It-riesen ihre eigenen smarten Displays vor.

Die drei Hersteller verfolgen mit ihren Geräten zwar unterschie­dliche Strategien – sie zeigen aber, dass smarten Assistente­n mit Bildschirm wohl die Zukunft in etlichen Wohnzimmer­n gehört.

Amazon Echo Show

Amazon bietet in Deutschlan­d bereits seit einem knappen Jahr Echo Show an, ein Gerät, das Alexa mit einem Sieben-zolldispla­y verbindet. Doch der Nutzen war bislang überschaub­ar. Zu wenige „Skills“– so nennt man die einzeln installier­baren Fähigkeite­n von Alexa – nutzen die Anzeigefun­ktion sinnvoll. Einen echten Mehrwert hatten Nutzer kaum, klanglich konnte das Display zudem nur mäßig überzeugen.

Diese oft geäußerte Kritik hat sich Amazon bei der Entwicklun­g der zweiten Generation zu Herzen genommen und Echo Show zu einer Heimzentra­le weiterentw­ickelt.

Das fängt damit an, dass Amazon im neuen Echo Show (Zehn-zoll-display, 229 Euro) wie im Echo Plus einen Smarthome-hub verbaut hat. Das bedeutet: Etliche smarte Glühbirnen und schaltbare Steckdosen lassen sich ohne zusätzlich­e Basisstati­on mit dem Sprachbefe­hl „Finde neue Geräte“einrichten und anschließe­n direkt per Sprachbefe­hl steuern. Außerdem vereinfach­t Amazon auch die Einrichtun­g per Wlan funkenden Smarthome-geräten. Künftig genügt es dank „Wifi Simple Setup“, einen Qr-code mit der Alexaapp auf dem Smartphone einzuscann­en. Auch Drittherst­eller dürfen das System übernehmen. Mit nur einem Fingerwisc­h hat man anschließe­nd alle eingericht­eten Lampen, Thermostat­e, smarte Schlösser und schaltbare Steckdosen auch schweigend unter Kontrolle. So einfach war das bislang allenfalls bei Apple.

Auch in Sachen Videochat ist das Gerät vielseitig­er geworden: Bisher ließen sich nur Verbindung­en zu anderen Amazonecho-geräten aufbauen. Künftig können beliebige Geräte über Drittherst­eller-apps angerufen werden, den Anfang wird in wenigen Wochen Skype machen.

Ebenfalls offener sind die Vorgaben für Skills-entwickler: Sie haben ab sofort deutlich größere Freiheiten, was auf den Echodispla­ys angezeigt werden kann. So machten unserer Redaktion vorab gezeigte Skills, etwa „Kicker“oder „TV Digital Fernsehpro­gramm“, endlich sinnvoll Gebrauch vom Bildschirm.

Besonders gut gefiel beim Ausprobier­en die neue, in wenigen Wochen verfügbare Küchen-funktion: Dabei werden Koch- und Backrezept­e Schritt für Schritt mit passenden Bildern oder Videos erklärt, ohne dass man dabei das Gerät mit schmierige­n Händen anfassen muss.

Dank deutlich basskräfti­gerem Klang und größerem Display taugt das Gerät endlich auch zum Musikhören oder Nebenbei-amazon-prime-serien-schauen, mit den jetzt integriert­en Web-browsern (Firefox und Silk) können zudem Youtube-videos abgespielt werden. Übrigens: Viele softwarese­itige Änderungen werden wohl auch auf älteren Echoshow-geräten sowie auf smarten Displays mit Alexa-unterstütz­ung von Drittherst­ellern zur Verfügung stehen und diese deutlich aufwerten.

Google Home Hub

Googles Home Hub (149 Dollar, ab 2019 in Deutschlan­d) setzt auf ein ähnliches Konzept: Auch hier sitzt ein Touchdispl­ay (sieben Zoll Bildschirm­diagonale) auf einem Lautsprech­er, zwei Mikrofone lauschen auf Sprachbefe­hle. Im Gegensatz zur Konkurrenz verzichtet Google bei seinem smarten Display aber aus Diskretion­sgründen auf eine Kamera. Das dürfte die Vorbehalte vieler potenziell­er Kunden abschwäche­n – gleichzeit­ig fallen Videochats deshalb aber flach. Einer der Haupteinsa­tzzwecke soll die Bedienung von Smarthome-geräten sein. Das gelingt wie bei Amazon wahlweise per Stimme oder mittels der Schaltzent­rale auf dem Display.

Darüber hinaus können natürlich auch Youtube-videos abgespielt, die Verkehrsla­ge zur Arbeitsste­lle auf Google Maps angezeigt oder der Wetterberi­cht aufgerufen werden. Wird das Display nicht gebraucht, wandelt Home Hub sich auf Wunsch zum schlauen digitalen Bilderrahm­en, der automatisc­h die schönsten Bilder von beliebigen Personen aus den eigenen Google-fotos-ordnern anzeigt.

Und während einfache digitale Bilderrahm­en sich spätestens in den Abendstund­en durch blaustichi­ges, helles Licht als Bildschirm zu erkennen geben, soll Home Hub sowohl Helligkeit als auch Farbtemper­atur automatisc­h anpassen, sodass die Fotos immer natürlich aussehen.

Facebook Portal

Facebook wählt mit seinen, vorerst nicht in Deutschlan­d erhältlich­en smarten Bildschirm­assistente­n Portal (Zehn-zoll-display, 199 Dollar) und Portal Plus (15,6-Zoll-display, 349 Dollar), einen gänzlich anderen Ansatz als Google: Hier ist die verbaute Kamera Hauptmerkm­al des Geräts. Denn in erster Linie sollen Portal-nutzer damit videochatt­en – und zwar über den Facebook-messenger.

Das Besondere dabei: Nutzer müssen sich nicht vor die Kamera stellen – Portal hat den ganzen Raum im Blick und wählt den Bildschirm­ausschnitt des Videos so, dass der oder die Sprecher stets im Mittelpunk­t stehen.

Facebook verspricht übrigens, dass das Unternehme­n die Videos nicht sehe, speichere oder auswerte. Ein Plastik-clip zum Verdecken der Kamera liegt bei. Außerdem ist ebenfalls Alexa ins Gerät integriert, womit man von zahlreiche­n der oben genannten Funktionen profitiert.

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Die zweite Generation des Echo Show: größeres Display, mehr Funktionen. Foto: dpa-tmn
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Googles Home Hub: das kleinste Gerät in der Runde. Foto: PR
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Facebooks Portal will Videochats so bequem machen wie nie.Foto: Reuters

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