Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Der Rechtsverteidiger der Zukunft
Vor dem Spiel gegen die Niederlande am Samstag: Nationalspieler Matthias Ginter kann eine wichtige Rolle einnehmen
BERLIN. Einer der Männer, die den Abstieg verhindern sollen, verlor am Montag das Zweitligaspiel gegen den Tabellenletzten MSV Duisburg. Aber Jonas Hector, Spieler des 1. FC Köln, findet nicht, dass daraus ein Problem erwächst, wenn ihm als Nationalspieler Deutschlands internationale Stars und Könner gegenüberstehen. Am Samstag (20.45 UHR/ZDF) spielt die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw in Amsterdam gegen die Niederlande, am Dienstag (20.45 UHR/ARD) später wartet in Paris der Weltmeister Frankreich. Partien der neu geschaffenen Nations League, in der es die reale Bedrohung eines Abstiegs gibt. „Ich gehe wie immer an die Sache ran“, sagt Hector, „ich habe gehofft, dass ich auch als Zweitligaspieler dabei sein darf, und dass es so ist, freut mich umso mehr.“
Kaum eine Alternative zu Jonas Hector
Aber es erzählt eben auch ein bisschen was über diese Mannschaft aus dem vier Jahre lang als Weltmeisterland gepriesenen Germany. Zu Hector, dem Zweitligaspieler im fortgeschrittenen Fußballer-alter (28 Jahre), gibt es kaum eine überzeugende Alternative. Und das, obwohl Löw intensiv gesucht und herumprobiert hat. Ein Auszug aus der Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Die Marcel(l)s Schmelzer, Halstenberg, Schäfer und Jansen, Dennis Aogo, Marvin Plattenhardt, zuletzt Nico Schulz. Die verlässlichste Lösung bislang: Jonas Hector.
Auf der rechten Seite schien die Suche nach einem Mann von internationaler Klasse durch die Installation von Joshua Kimmich beendet. Doch weil dem Bundestrainer offenbar der perfekte Spieler im Mittelfeld fehlte, verschob er den perfekten Spieler für die rechte Seite nach der desaströsen WM in Russland ins Zentrum. Folge: eine Lücke rechts.
Diese Art der Rochade – oder auch Mängelverwaltung – gerät zum Vorteil für einen, der schon zwei Wm-turniere ohne Einsatz erlebte: Matthias Ginter, gerade mal 24 Jahre alt, Innenverteidiger von Borussia Mönchengladbach. Für ihn hat eine spannende Zeit begonnen, in der Löw um mehr defensive Stabilität bemüht ist, was den robusten Ginter zu einer feinen Besetzung für die vakante Rechtsverteidigerposition macht.
Gegen Frankreich (0:0) vor einem Monat spielte er gut, gegen Peru (2:1) solide. „Ich habe mich sehr wohl gefühlt in den beiden Spielen, und ich versuche, auch im Training dort meine Leistung zu zeigen“, sagt Ginter. „Ob ich jetzt Plan A bin, wird der Bundestrainer entscheiden.“Vieles spricht aber dafür.
Einer dieser Gründe ist, dass Ginter diese Position aus seiner Zeit bei Borussia Dortmund kennt, wo er sie auch schon einmal ein halbes Jahr lang bekleiden musste. Und: Er steht der temporären Umschulung positiv gegenüber. „Es gibt nicht so viele Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten in der Viererkette. Das ist eine super Position: Ich kann ein bisschen offensiver spielen, und das macht mir viel Spaß.“In dem Halbjahr unter Thomas Tuchel beim BVB bereitete er sieben Treffer vor, erzielte drei selbst.
Gladbacher noch nicht auf Top-niveau
Nachteil für Löw: Ginter entspricht (noch) nicht dem internationalen Top-niveau auf dieser Position, das sich der Bundestrainer überall auf dem Spielfeld wünscht. Bei aller Lust auf Offensive ist Ginter eben doch eher der Spezialist für Destruktivismus: Gefahr abwehren, Schaden abwenden.
Darunter leiden die spielerischen Möglichkeiten nach vorn. Aber es gibt dabei auch einen Vorteil für beide Seiten: Ginter, einer von Löws Zöglingen, wäre schon mal drin in dieser Mannschaft, könnte sich an den Gedanken gewöhnen, ein Teil von ihr zu sein, wenn irgendwann die Frage ansteht, wer eigentlich mal die in Ehren alternden deutschen Innenverteidiger beerben soll: Mats Hummels (fast 30) und Jerome Boateng (gerade 30 geworden). Der Sprung in diese Rolle wäre von rechts deutlich kleiner als von der Ersatzbank.
So hatte es einst ein junger Mann namens Jerome Boateng vorgemacht, der am 10. Oktober 2009 als Rechtsverteidiger debütierte. Damals, als Löw händeringend nach Außenverteidigern suchte.