Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Von Bayern lernen...
Es war die Zeit, als die CDU in Thüringen mit absoluter Mehrheit regierte. Zweimal gelang ihr dieses Kunststück. 1999 machte es Bernhard Vogel vor, war unbestrittener Ministerpräsident. Sein Kronprinz Dieter Althaus, dem er klug und rechtzeitig das Zepter übergab, gelang es, die Macht für weitere fünf Jahre noch gerade so zu konservieren.
Damals machte ein geflügeltes Wort die Runde: Von Bayern lernen, heißt siegen lernen.
Nach Althaus’ Wahldebakel 2009 übernahm Christine
Lieberknecht, musste jedoch ein Bündnis mit der SPD eingehen. In der folgenden Legislatur kam es sogar noch ärger. Nach beinahe einem Vierteljahrhun- dert in der Regierung wurde die CDU, die sich selbstbewusst Thüringenpartei nannte, in Anlehnung an die erfolgreiche bayerische Schwester CSU, in die Opposition katapultiert.
Die Wahl am 14. September 2014 markierte für die Thüringer Unionschristen den (bisherigen) Tiefpunkt. Obwohl sie sogar im Vergleich zu 2009 leicht zulegen konnten, regiert seitdem ein Bündnis aus Linken, SPD und Grünen.
Morgen nun droht in Bayern ein ähnlicher Absturz. Zwar werden die Christsozialen nicht gleich von den Regierungsbänken weggefegt werden (wenn es soweit käme, wäre ein politisches Erdbeben ein leichtes Rumpeln dagegen). Aber allen Umfragen zufolge wird die CSU die absolute Mehrheit verlieren (34 Prozent, 2013 waren es knapp 48).
Allein das ist in der christsozialen Weltauffassung gar nicht vorgesehen und grenzt im Laptop-und-lederhosen-land an Gotteslästerung in schwerer Tateinheit mit Blasphemie.
Nun gut, mit den Freien Wählern (10 Prozent) könnte man bei der CSU am ehesten eine Koalition schmieden und wenn das nicht reichen sollte, hofft man, dass die FDP als dritter Partner den Sprung über die Fünf-prozent-hürde schafft. Aber eine Dreierkoalition in Bayern? Franz
Josef Strauß würde sich so oder so im Grabe... Aber lassen wir das. Sicher ist: Damit wird es nicht nur für Parteichef Horst
Seehofer, sondern auch für dessen erzfeindigen Parteifreund Markus Söder eng, der im Nebenamt (noch) Ministerpräsident ist.
Mit FW und Liberalen würde sich die CSU aber zumindest die Schmach ersparen, mit den verhassten Grünen gemeinsame Sache machen zu müssen. Die Ökoaktivisten können demoskopisch zurzeit vor Kraft kaum laufen, liegen mit 19 Prozent auf Platz zwei und haben sich zu 2013 mehr als verdoppelt. Die SPD hat sich mit 12 Prozent beinahe halbiert. Und die AFD (momentan zehn Prozent) wird einen weiteren Landtag erobern.
Der Spruch von einst, wird künftig wohl auf „Von Bayern lernen“eingekürzt. CDU-CHEF
Mike Mohring, der für 2019 Bündnisse mit AFD und Linken ausschließt, ist gut beraten, genau zu analysieren, was im Süden alles falsch gelaufen ist.
Kleiner Tipp: Bürger mögen kein Gezänk, schon gar keinen Streit ums Spitzenpersonal. Darauf reagiert der Wähler, das sensible, unberechenbare Wesen, mit Liebesentzug und Proteststimmen für Populisten.
Die Bayern-wahl, so viel steht fest, verspricht an diesem Sonntag spannender zu werden als der Tatort.
Tlz-landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter (0361) 555 05 38 oder per E-mail unter e.otto@tlz.de