Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Wo Kuhe in der Idlylle weiden
SITZENDORF-UNTERWEIß
BACH. Die Oberweißbacher Bergbahn ist einer der Besuchermagneten im Schwarzatal. Jährlich nutzen etwa 170.000 Passagiere die Standseilbahn. Rund um diese historische Bahn bieten sich zahlreiche Wandermöglichkeiten. Grund genug, einen Abstecher in diese Region zu unternehmen.
Bei der heutigen Rundwanderung steht die Bergbahn gleich zu Beginn auf dem Tourenplan. Weitere Höhepunkte der abwechslungsreichen, familienfreundlichen Strecke sind der Fröbelturm, der Olitätenweg, diverse urige Wanderhütten und traumhafte Aussichten auf die Talsperre Leibis/lichte.
Los geht’s am Bahnhof Sitzendorf-unterweißbach. Mit der Schwarzatalbahn fährt man bis Obstfelderschmiede und steigt dort in die Oberweißbacher Bergbahn um. Die Zugbegleiterin versorgt die Passagiere mit kurzweiligen Details aus der Historie des technischen Denkmals. 1923 wurde die Bahn offiziell in Betrieb genommen. Allerdings waren es nicht touristische Gründe, die zur Errichtung führten. Zu Zeiten des großen Eisenbahn-ausbaus fühlten sich die hiesigen Bergdörfer abgehängt. Um die Transportprobleme zu lösen, wurde eine eingleisige Standseilbahn mit Ausweiche nach dem Vorbild bekannter Bergbahnen in der Schweiz gebaut. Ihre Länge: 1,38 Kilometer. Die zurückgelegte Steigung beträgt 323 Höhenmeter.
An der Bergstation Lichtenhain heißt es noch einmal: Umsteigen! Von hieraus nutzt man den zweiten Teil der Bergbahn, die sogenannte Flachstrecke. An der Endstation Cursdorf beginnt nun der Wanderabschnitt.
Über romantische Wiesenund Waldwege geht es den 784 Meter hohen Kirchberg hinauf zum Fröbelturm. Er wurde 1888 zu Ehren des Pädagogen Friedrich Fröbels errichtet. Der Erfinder des Kindergartens wurde hier in der Nähe, in Oberweißbach, 1782 geboren. In seinem Geburtshaus erinnert ein Museum an den berühmten Sohn der Kleinstadt. Am Fröbelturm bietet das Berggasthaus die Möglichkeit zur Einkehr. Für 1 Euro kann zudem der Turm erklommen werden.
Nächstes Ziel ist der paradiesische Talsperrenblick beim Leibisberg. Entlang der Route liegen mit Kräuter- und Heckersberghütte zwei hübsche Rastplätze. Die Talsperre Leibis/lichte ist die letzte große Trinkwassertalsperre, die in Deutschland gebaut wurde. Sie löste 2012 das Stauseesystem Weida-zeulenroda-lössau ab und versorgt 400.000 Ostthüringer. Der Namensteil Leibis soll an jenen Ort erinnern, der dem Trinkwasser-projekt weichen musste. Lichte heißt der angestaute kleine Nebenfluss der Schwarza.
Über die Solwiese und die alte Kupfergrube gelangt man zu einer weiteren, recht geräumigen Schutzhütte. Von hier aus hat man noch einmal einen phänomenalen Blick auf die über 100 Meter hohe Lichte-staumauer.
Nun erreicht man Unterweißbach, wo mit dem „Gasthof zum Hirsch“ein weiteres Restaurant am Wegesrand liegt. Jetzt ist es nicht mehr weit nach Sitzendorf, wo die Wanderung ihren Anfang nahm. In Sitzendorf erfand im Übrigen der Theologe und Alchimist Georg Heinrich Macheleid 1760 das Porzellan ganz unabhängig von Johann Friedrich Böttger. Die knapp hundert Jahre später gegründete Sitzendorfer Porzellanmanufaktur machte das Örtchen überregional bekannt. Der Werksverkauf ist regelmäßig geöffnet.
Der Wanderweg ist sehr abwechslungsreich und perfekt ausgeschildert. Wer dem roten Dreieck des Panoramaweges „Schwarzatal“folgt, kann sich eigentlich nicht verlaufen. Der Panoramaweg ist insgesamt 136 Kilometer lang. Er verläuft als Rundwanderweg von der Mündung der Schwarza in die Saale (im Rudolstädter Ortsteil Schwarza) rechtsseitig bis zu ihrer Quelle (bei Neuhaus am Rennweg) – und linksseitig zurück. Unsere Fröbelturm-wanderung ist Teil des zweiten Abschnitts. Über weite Strecken entspricht die Route zugleich dem Olitätenweg. Kleine Täfelchen, die den Wegesrand säumen, geben über Wildkräuter
Auskunft.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein war die Region um Königssee und Oberweißbach berühmt für ihren europaweiten Olitätenhandel, den Handel mit Naturheilmitteln wie Ölen, Salben
und Essenzen. Grundlage bildete der große Artenreichtum an Heilkräutern. Seinerzeit zogen sogenannte Buckelapotheker mit hölzernen Tragekiepen auf dem Rücken übers Land und verkauften die Tinkturen.